„Ihr Saisonziel setzen sich die Spieler selbst“

15.06.2013, 11:30 Uhr
„Ihr Saisonziel setzen sich die Spieler selbst“

© Müller

Herr Samel, warum gewinnt mit dem Hamburger SV eine deutsche Mannschaft die Champions League und wenige Tage später scheitert die Nationalmannschaft in der EM-Qualifikation an Montenegro?

Dirk Samel: Weil die Leistungsträger der besten Klubs aus dem Ausland stammen. Der Kieler Kreisläufer Patrick Wiencek kommt im Verein kaum zum Einsatz. Sicherlich waren einige Akteure verletzt, aber als Erklärung zählt das nicht. Wenn Spieler erst mit 26 Jahren fürs Nationalteam entdeckt werden, stimmen die Strukturen nicht. Die einheimischen Nachwuchstalente finden nach wie vor zu wenig Beachtung.

Haben wir denn diese Talente?

Dirk Samel: Ja, die gibt es, weil sich viel getan hat an der Basis. Zwei Mal im Monat trainiert mittlerweile die Bezirksauswahl. Die besten Spieler werden zusätzlich zu einer Einheit ans Landesleistungszentrum, in unserem Fall nach Erlangen, eingeladen. Das bringt schon was, wenn ich sehe, welches Potenzial auch wir in Forchheim in den älteren Jugendjahrgängen haben. Und mit der Einführung einer A-Jugend-Bundesliga messen sich endlich die größten Talente des Landes auf professionellem Niveau miteinander.

Ist der Druck zur professionellen Nachwuchsförderung nicht auch schädlich für die Vereine?

Dirk Samel: Natürlich darf es nicht von kleinauf nur um Leistung und Erfolg gehen. Besonders Amateurvereine wie der HC Forchheim müssen und wollen Kindern die Chance geben, sich etwas später sportlich zu entwickeln. Denn Druck haben sie in der Schule heutzutage schon genug. Bei den Minis gibt es deshalb Spielfeste, bei denen das Ergebnis keine Rolle spielt. Ob sich eine D- oder C-Jugend jetzt für die Bezirksoberliga oder Landesliga qualifiziert, darf ebenfalls nicht entscheidend sein. Auf den Spaß mit der Gruppe kommt es an. Den wollen wir vermitteln, zum Beispiel, in dem wir im Sommer mit Jugendlichen von der D- bis zur A-Jugend an einem zweitägigen Rasenturnier bei Freising teilnehmen. Zudem werde ich mich verstärkt dafür einsetzen, dass Spieler aus den Jugendmannschaften die Erste bei Heimspielen aufs Feld begleiten dürfen und umgekehrt auch einmal die Großen im Training bei den Kleinen vorbeischauen.

Was nehmen Sie aus ihrem ersten Jahr als Trainer der 1. Männermannschaft mit?

Dirk Samel: Ich war von der hohen Trainingsbeteiligung von fast 20 Mann beeindruckt. Das ist schon sehr gut dafür, dass wir drei Mal die Woche trainiert haben. Darüberhinaus haben sich einzelne Spieler persönlich weiterentwickelt und verbessert. Talente wie Markus Wolf und Yannick Schulz haben den Sprung aus der A-Jugend ins Team geschafft. Insgesamt stimmt die Chemie zwischen den Jungs und mir, weshalb sich mir gar nicht erst die Frage stellte, ob ich weitermache oder nicht.

Am Ende stand ein zweiter Platz. Was hat für ganz oben gefehlt?

Dirk Samel: Einfach ausgedrückt hat uns die Konstanz gefehlt. In einer Liga, die der HC Erlangen III dominiert hat. Gleich die erste Niederlage gegen Regensburg lag daran, dass sich einige Spieler vor dem 1. Spiel zu viele Gedanken gemacht haben. Dann haben wir wiederum Partien verloren, weil einige Stammkräfte fehlten und anderweitigen Verpflichtungen nachgingen. Handball ist eben immer noch nur ein Hobby, für das keiner bei uns Geld bekommt.

Besteht die Gefahr, dass den HC mittelfristig immer mehr Talente verlassen, wenn die Erste Mannschaft nicht bald in die Landesliga aufsteigt?

Dirk Samel: Die Gefahr besteht. Das ist ein Spagat. Wir haben es jetzt erlebt. Philipp Wolf, der in Erlangen arbeitet, zieht es zum TV Bruck. Weitere Spieler hatten Angebote, sind aber zum Glück geblieben. Den Aufstieg werde nicht ich als Ziel vorgeben, sondern kann und wird die Mannschaft in einer Sitzung selber ins Auge fassen. Dann muss sie aber auch mit dem Druck umgehen, in einigen Spielen der letzten Saison haben wir in solchen Momenten verkrampft. Und es benötigt die Selbstdisziplin, Ausflüge zeitlich nicht an ein Spielwochenende zu legen. Für mich war der Aufstieg der Reserve in die Bezirksliga elementar. Wir trainieren einmal die Woche gemeinsam, ich werde mich mit Coach Matze Gieck häufig austauschen. So wollen wir das Niveau in der Breite verbessern und weiteren Nachwuchskräften — ich sehe eine handvoll Spieler, die den Sprung in die Erste packen können — die Chance geben, sich zu empfehlen. Weil wir so viele Spieler haben, melden wir zudem eine dritte Mannschaft in der Bezirksklasse.

Wie sieht die Vorbereitung auf die neue Saison aus?

Dirk Samel: Wie jedes Jahr ist die Vorbereitung durch die Sommerferien zweigeteilt. Ab nächster Woche beginnen wir mit den Grundlagen der Ausdauer und Kraft. Gleichzeitig wollen wir ein neues Abwehrkonzept einstudieren, um künftig in der Deckung flexibler zu sein und gegen Teams mit wurfstarken Rückraumspielern auf eine aggressive 5:1-Abwehr umstellen zu können. Nach der Sommerpause geht es dann an den Feinschliff.

 

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