Jede Menge Leichen

31.10.2010, 16:18 Uhr
Jede Menge Leichen

© Scott Johnston

Was war passiert im sonst so beschaulichen Marktflecken? Wer ist für die Untat verantwortlich? Da sich der Dorfpolizist nicht blicken lässt, bemüht sich Bürgermeister Wolfgang Rast um die Aufnahme der Indizien.

Die potenziellen Mörder sind nicht weit. Zwei verdächtig unverdächtige Damen aus Nürnberg, ein viel zu seriös wirkender Herr aus Hausen. Ihnen fehlt jegliches Alibi, denn sie waren zur Tatzeit unzweifelhaft am Tatort. Auch nach den Motiven muss nicht lange gesucht werden: Alle drei sind Krimi-Autoren. Doch dann kommt schon die nächste überraschende Wendung. Kurzzeitig macht sich Erleichterung breit im Saal, denn des Bürgermeisters fachmännische Diagnose ist eindeutig: Die Leiche ist fingiert, alles Pappmaché.

Stefanie Mohr war’s, die zur Lesung „Mörderisches Franken“ gleich für das richtige Flair sorgen wollte. Aber das Herzklopfen lässt nicht nach. Sofort werden die Zuhörer mit dem nächsten grausigen Fund konfrontiert.

Einen Sandler hat’s im Sebalder Reichswald erwischt. Seine Taschen sind leer. Kein Cent, kein Personalausweis, nicht mal ein zerknülltes Papiertaschentuch. Eine mysteriöse Postkarte taucht auf, eine mysteriöse Ordensschwester folgt. Alles unheimlich, alles unklar.

Der Ermordete war einst Allgemeinarzt, irgendwie auf die falsche Bahn geraten. Aber wie? Ein Hauptkommissar aus Münster und eine Kommissarin aus Hersbruck sollen es herausfinden. Ob das gut geht? Vorerst nicht. Bei einer wilden Jagd über zwölf Stockwerke eines Hochhauses in Langwasser fliegt der Herr Hauptkommissar erst einmal auf die Schnauze. Der Drogendealer, den er stellen wollte, ist über alle Berge.

Doch eines ist bei Krimi-Lesungen sicher: Das Ende wird nicht verraten. Da muss man schon das Buch „Die dunkle Seite des Sommers“ lesen, das Stefanie Mohr jetzt im Emons Verlag herausgebracht hat.

Roboter als Mörder?

Es geht Schlag auf Schlag. In der Nürnberger City wird eine Frau verfolgt. Ein Spielzeug-Robotor namens Byddi soll einen Jungen umgebracht haben. Und dann wird auch noch die Tochter eines jungen Start-Up-Unternehmers samt ihrer Freundin entführt.

Wie passt das nun wieder zusammen? Der Erlanger Privatdetektiv Nero Kaiser packt die Lupe aus und versucht das Wirrwarr der Geschehnisse aufzudröseln. Doch es hilft nichts: Wer’s wissen will, muss sich mit Lucas Bahls „Spielzeugstadt“ in ein halbwegs sicheres Eck zurückziehen und es Satz um Satz herausfinden.

Bleibt die letzte Hoffnung: Lena Blooms „Des Teufels Mühle“. Was kann einer Krimi-Schriftstellerin besseres zustoßen? Als Mädchen wuchs sie in der Teufelsmühle im Räuberwald Spessart auf. Die nächste Siedlung war für eine Vierjährige unerreichbar weit weg.

Und dann gab es dort noch einen Tanzplatz für Hexen, kreisrund mit Grenzsteinen eingesäumt. Im Mittelalter wurden dort tatsächlich vermeintliche Hexen gefoltert, später in vermeintlich aufgeklärten Zeiten schwarze Messen gehalten.

Eine junge Frau überlebte den düsteren Zauber nicht. Jahrzehnte später treffen sich die Teilnehmer der okkulten Messen noch einmal. Wieder stirbt eine Frau. Gibt es Zusammenhänge zwischen den beiden Taten?

Geschickt mischt Lena Bloom Kindheitserinnerungen und Fiktion. Gänsehaut überkommt einen, wenn im modrigen Apfelweinkeller eine kalte Hand durch die Spinnweben dem Opfer an die Gurgel greift. Wer war’s? Es existiert auch hier nur eine wahre Lösung: Lesen!

So blickt der Besucher sehr vorsichtig die Gräfenberger Straße hinunter, wenn er sich schließlich auf den Heimweg macht und prophylaktisch den Kragen seines Trenchcoats hochschlägt. Da hinter dem Busch vor der alten Igensdorfer Schule könnte doch ein Unhold stecken. Einer, der es auf ein paar abgegriffene Euro-Scheine abgesehen hat. Oder jemand, der einen seit Jahrzehnten hasst, ohne dass es einem jemals aufgefallen wäre. Oder einer, der ganz einfach nicht richtig tickt. Endlich, endlich sperrt der Schlüssel zur Wohnungstür. Aber auch dahinter könnte natürlich ein Mörder stecken. Oder zumindest ein Einbrecher, der einem mit dem Stemmeisen die Schädeldecke pulverisiert. Aufatmen. Halt: Vielleicht unter der Bettdecke. Nein, auch da lauert kein Krimineller. Der Schlaf ist deutlich unruhiger als gewöhnlich.

Doch am nächsten Morgen muss man nach einem weiteren Sicherheits-Check feststellen: 1. Alles überlebt. 2. Es war ein herrlich fröstelnder Abend, den die Igensdorfer Bücherei da für nervenstarke Krimifans veranstaltet hat. Und an den eisigen Schauern war auch nicht der Oktober schuld.