Kunreuth lässt die Geschichte lebendig werden
23.8.2020, 20:00 UhrAuf Spurensuche haben sich deshalb die Bürger begeben, vor allem ein Team, zu dem Bürgermeister Ernst Strian mit Ehefrau Annette, Horst Franke, Roland Rosenbauer, Jürgen Bernad, Sabine Ursprung, Alexander Wagner, Roland Lindacher und Annette Dokoupil-Gutensohn gehören. "Wir haben Fotos, die sind 110 und sogar 115 Jahre alt", erzählt Jürgen Bernad.
Bürgermeister Ernst Strian hat eines der Fotos in der Hand. Eine Hochzeitsgesellschaft. Die alten Fotos wurden gescannt und digitalisiert. Auch das Bild, auf dem die jüngste Schülerin auf dem Schoß der Dorflehrerin saß. "Wir wissen nicht einmal, ob es die Dorflehrerin war. Vielleicht war es auch die Haushälterin", sagt Bernad. Ein bisschen wie Detektivarbeit ist es dann, viele Bürger zu fragen, um herauszufinden, wer die oft unbekannten Personen auf den Fotos sind. Aber es hat durchaus Erfolg.
Doch es gibt auch andere Bilder. Aus 1918. Viele verhärmte Gesichter sind auf den Fotos zu sehen. Kein Wunder, kurz nach Ende des Ersten Weltkriegs. Warum ist das Bild wie es ist?, das versucht das Team, das sich um die Ausstellung, die Hörpfade und die Jubiläumszeitungen kümmert, herauszufinden. Das Problem: Es gibt kaum mehr Zeitzeugen.
Eine andere Dorfschullehrerin lebt noch. Sie wurde 1928 geboren, weiß Horst Franke, denn die Lehrerin ist seine Tante. Roland Rosenbauer interviewte die Frau und erhielt eine interessante Geschichte erzählt. "Aus dem Interview über ihr Leben ist sogar ein kleiner Film entstanden", erzählt Roland Rosenbauer. Denn das Interview wurde von Alexander Wagner gefilmt und ist auf der Homepage der Gemeinde zu sehen. Auch ein Originalfoto von dem Fliegerabsturz in Kunreuth 1943, als England Angriffe auf Nürnberg flog, konnte für die Ausstellung aufgetan werden Diese Ausstellung, die am 26. September eröffnet wird, ist eine der Säulen des Ortsjubiläums.
Eine andere sind die Hör-Pfade, zu der die Geschichte der Lehrerin gehört. "Wir haben Themenblöcke gemacht. Zwölf Pfade sollten entstehen, nun sind es nur drei. Wegen Corona", erklärt Bürgermeister Ernst Strian. Corona hat die ganze Vorarbeit für die Feierlichkeiten durcheinander gebracht. Distanz ist angesagt. Das macht das Interviewen von Zeitzeugen nicht einfach. Aber auch die Ausführung der Hör-Pfade. Denn die recherchierten Geschichten müssen auch erzählt und aufgenommen werden. Hierfür ist der Rundfunkredakteur Roland Rosenbauer zuständig, der die Kunreuther anleitet. Auch das war nur sehr eingeschränkt möglich.
Oder: "Die Skripte sind da, aber die Zeitzeugentöne fehlen", bringt es Rosenbauer auf den Punkt. Dafür bringt die "Kunreuther Jubiläums Gazette" vier Mal im Jahr alles Wissenswerte, Vergangenes, Vergessenes, Interessantes und Unterhaltsames in die Häuser der Kunreuther Bürger.
Geistige Mutter der vier längst vor Corona geplanten Ausgaben ist Annette Dokoupil-Gutensohn. "Es gibt so viel Geschichte, Geschichten, Fotos und Berichte, die wir an die Bevölkerung bringen wollen", sagt Dokoupil-Gutensohn. Tatsächlich wird nach jeder Ausgabe auf den Straßen, über den Zaun und in den Geschäften darüber geredet.
Wie oder wer war das damals? Wie kam der Nachbar zu dem Hausnamen, mit welchen Themen stand die Gemeinde in der Zeitung und wie hat sich die Gemeinde verändert? Antworten auf diese Fragen und mehr sind in den Jubiläums-Gazetten zu finden. Da erfährt der Neubürger dass ein "Beckenbauer" beispielsweise ein Landwirt war, der auch backen konnte und welche Kunreuther zu berühmten Bürgern wurden.
Ein Freund Goethes
Der Magister Christoph Reich beispielsweise, der Pfarrer der bekannten Nürnberger Sebalduskirche wurde und Georg Erlwein, ein Erfinder, der in der letzten Ausgabe der Jubiläumszeitung portraitiert wird. Ein weiterer berühmter Kunreuther war Friedrich von Müller, der Staatskanzler des Großherzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach und ein enger Freund Goethes war.
Natürlich kommt auch die Unterhaltung nicht zu kurz. Mit dem 2. Mai 1553 beginnt der Fortsetzungsroman von Roland Rosenbauer unter dem Titel "Die Belagerung" und führt in das Leben der Kunreuther zu Zeiten des Markgraf Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. Als Buch ist es noch nicht erschienen. Es ist eine Premiere für das Ortsjubiläum.
Auch die VHS Kurse sind ganz auf 900 Jahre Kunreuth ausgelegt worden. So kann in diesen Kursen auch das Spinnen am Spinnrad gelernt werden. Nur manchmal müssen die Kurse coronabedingt in einem anderen Raum abgehalten werden, um die Sicherheitsabstände einhalten zu können. Es ist eben alles ein wenig anders gekommen und sicher wird das Jubiläumsjahr auch in die Geschichte des Ortes eingehen.
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