theaterNEUN im JTF: "Ein königlicher Spaß"
15.4.2019, 10:00 Uhr"Oh, es wird prächtig werden. Ein königlicher Spaß!" Die ganze Welt ist verrückt geworden. Überall tummeln sich Profilneurotiker, Sadisten und Egomanen. So groß kann das überdimensionale Bett auf der Bühne gar nicht sein, um all die Irren zu fassen. Hier in der Anstalt sind sie alle gestrandet, die Shakespeare literarischen Schiffbruch erleiden ließ. Doch der Zuschauer weiß: sie sind in anderen Zuständen.
Das von Linus Strom fein dosierte psychedelische Licht deutet an, dass hier manch einer einen Schatten hat. Die einen wissen nicht, ob sie gerade Männlein oder Weiblein sind, die anderen stalken das weibliche Objekt ihrer Begierde, die dritten treiben ihre bösartigen Späße mit hilflosen Menschen. Einige suchen ihr Heil im Alkohol — und finden es nicht.
Zufällige Grafen und hirnlose Partylöwen
"Ich bin nicht, was ich bin." Es gibt diejenigen, die sich für Adelige halten. Ein gewisser Herzog Orsino (Paula Deinlein) und eine sogenannte Gräfin Olivia (Caro Wald) gehören dazu, weil sie zufällig eine Krone tragen. Dann gibt es die, die sich für unwiderstehlich halten. Da müssen die Namen der Junker Tobias von Rülps (Clarissa Deinlein und Daniel Eckert) und Christoph von Bleichenwang (Aliya Lerch und Noel Kramer) fallen. Weil niemand etwas von den Partylöwen mit den durchweichten Gehirnen will, müssen herumlaufende Zofen als Lust-Personal herhalten. Und dann gibt es die ganz unausstehlichen Typen, wie jene Maria (Helena Rödel), die mit gefälschten Briefen andere wie den liebestollen Malvolio (Elias Schmitt) in ihr Unglück rennen lässt.
Die Liebe lässt sie alle wahnsinnig werden, auch den Boten Curio (Laura Grimm), der ausgerechnet "Heroldsbacher Nachrichten" überbringt. Es sind gebrochene Charaktere mit zerbrochenen Herzen. Nur einer weiß, dass er gerade in medizinischer Behandlung ist: der Narr (Kai Hulwa). Doch weil er seine Kappe auf hat, mit der er seine Wahrheiten tarnt, glaubt man seinen Worten nicht.
Spiel mit dem eigenen Schatten
"Ich bin nicht, was ich spiele." In der mit Kissen bestens gepolsterten Gummizelle beginnt ein Reigen voller Irrungen und Wirrungen. Männer lieben Männer, Frauen begehren Frauen, am meisten aber mag sich jeder selbst. Da braucht es am Ende nur das andere Ich, aber kein Du. Weshalb die bei Shakespeare gespiegelte Figur Sebastian, der Zwillingsbruder Violas (Tizia Denzler), überhaupt nicht in Erscheinung tritt und Malvolio am liebsten mit seinem Schatten spielt.
Jürgen Gutschmann besetzt manche Rolle doppelt — auch das gehört zum Programm. Dafür werden die auf den ersten Blick flauschigen Tücher, die überall herumliegen, dadurch dass immer wieder einer auf ihnen durchdreht, zu Zwangsjacken, in denen man sich selbst umarmt.
Großes Kunststück
"Ich tu, und weiß nicht was." Was für die Gestalten Shakespeares gilt, gilt nicht für die Mitglieder des theaterNEUN. Dem Bühnennachwuchs ist nach Max Frischs "Biedermann und die Brandstifter" und nach Thornton Wilders "Unsere kleine Stadt" ein noch größeres Kunststück gelungen. Sie haben in all dem Irrsinn einen klaren Kopf behalten. Die Kleinen sind groß geworden — und wahnsinnig gute Schauspieler.
"Was ihr wollt" ist auch am Samstag, 27. April, um 20 Uhr, am Sonntag, 28. April, um 16 Uhr sowie am Freitag, 3. Mai, um 20 Uhr im Jungen Theater zu sehen.
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