Widerstand gegen Windräder bei Eggolsheim: So lebt es sich in der Fränkischen neben Rotorblättern
26.4.2021, 19:30 UhrWas hat die Windkraftdiskussion mit den Corona-Maßnahmen gemeinsam? Richtig: Bei beiden Themen kommen zahlreiche sogenannte Fakten auf den Tisch, die zum Teil stimmen, teilweise aber auch von Fachleuten aller Art schnell widerlegt werden.
Der Unterschied besteht aber darin, dass es sich bei Corona noch um einen Themenkomplex handelt, der vor 15 Monaten nahezu unbekannt war, während beim Thema Windenergie die Argumente bereits seit vielen Jahren kontrovers ausgetauscht werden, ein Faktencheck daher mittlerweile durchaus möglich ist. Über so einen hat letzte Woche die Süddeutsche Zeitung (SZ) in einer ihrer Lokalausgaben informiert.
Es geht dabei um einen kleineren Windpark mit maximal fünf Windrädern, der im "Ebersberger Forst" errichtet werden soll. Dort hat sich 2018 eine Bürgerinitiative "Pro Windenergie" unter Federführung eines früheren Landrats gebildet. Anlass war seinerzeit, so ist es bei den Kollegen zu lesen, "ein Flyer mit Falschinformationen, angstmachenden Bildern ( . . . ) und Halbwahrheiten in einem Flyer gegen mögliche Windräder im Ebersberger Forst".
Fakten entgegengesetzt
Ein abermaliger Flyer mit ähnlichem Inhalt zum anstehenden Bürgerentscheid hatte nun zur Folge, dass die Energieagentur Ebersberg-München in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde diesem Flyer "in hervorragender Aufbereitung Fakten gegen eine Verunsicherungsstrategie" entgegengesetzt habe, so der ehemalige Landrat in der SZ. Wie der Bürgerentscheid dort im Mai ausgeht, ist daher völlig offen.
Das sind die Windparkpläne rund um Eggolsheim
Auf solch’ breite Unterstützung kann der Eggolsheimer Bürgermeister Claus Schwarzmann derzeit (noch) nicht zurückgreifen. Schwarzmann wird seit Bekanntwerden von Plänen für einen Windpark auf der "Langen Meile" mit teilweise auch ins Persönliche abgleitenden Worten heftig attackiert. Da wird von "Plänen des Bürgermeisters Schwarzmann" gesprochen und von erheblichen gesundheitlichen Folgen für die Bewohner in der Nähe.
Rückendeckung vom Nachbarn
Rückendeckung mit deutlichen Worten erhält Schwarzmann indes von seinem Buttenheimer Amtskollegen Michael Karmann. Auch Buttenheim beschäftigt sich mit neuen Windrädern: "Für die persönlichen Angriffe auf Schwarzmann habe ich keinerlei Verständnis. Wir wurden, wie alle anderen Kommunen auch, vom Wirtschaftsministerium aufgefordert, uns Gedanken zu machen, wie wir die erneuerbare Energie im Freistaat voranbringen können." Hierfür haben sich beide Kommunen um Förderungen für einen sogenannten "Windkümmerer" beworben. Die Entscheidungen hierzu fielen in den nicht-öffentlichen Sitzungen beider Marktgemeinderäte jeweils einstimmig. "Danach galt es, die Basics zu eruieren und dann mit Fakten an die Öffentlichkeit zu gehen", so Karmann, "dann wird nichts mehr hinter dem Berg gehalten."
In Buttenheim seien die Reaktionen gemäßigt gewesen, erklärt Karmann weiter, "es gab einen Leserbrief, das was jedoch Claus Schwarzmann derzeit widerfährt ist nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig". Die Argumente Pro und Contra seien alle bekannt, so Karmann: "Es gibt wissenschaftliche Auswertungen, die die Schallbelastung bestätigen und auch solche, die dies verneinen." Derzeit, so Karmann, sind beide Gemeinden in der Vorplanungsphase, "wir müssen schauen, ob es überhaupt geht. Danach müssen wir erst einmal Vorranggebiet werden. Die Bürger werden aber mitgenommen."
Kommentar: Nun muss Schwarzmann wirbeln wie ein Rotor
Ein Argument der Gegner von Windrädern in Eggolsheim oder auch Buttenheim muss als entkräftet angesehen werden: In einem Leserbrief war von einem Wertverlust der Immobilien von bis zu 25 Prozent zu lesen. Dies wird durch die Erfahrungen in Oberngrub im Markt Heiligenstadt (Kreis Bamberg) widerlegt. Oberngrub liegt in etwa in derselben Windregion wie der mögliche Standort Tiefenstürmig.
Angst vor Verlusten
Als dort 2005 die fünf Windräder errichtet wurden, "haben wir befürchtet, dass unsere Grundstücke – wir haben zwei im Neubaugebiet – nichts mehr wert sind, es kam aber alles anders, wir hatten keine Wertminderung". Anita Hoh, ehemalige Gemeinde- und Kreisrätin, wohnt knapp einen Kilometer von den Windrädern entfernt. Beeinträchtigungen durch Schattenwurf gebe es, so Hoh, "wie oft, das hängt von der Sonne ab und kommt nur an wenigen Tagen vor. Das ist verkraftbar."
"Am Anfang war ich sehr skeptisch wegen der Windräder, es war dann auch zunächst gewöhnungsbedürftig, wir haben es uns aber viel schlimmer vorgestellt, man gewöhnt sich schnell daran."
Als nicht störend sieht auch Markus Krauß die fünf Windräder in Oberngrub. Er ist gerade dabei, den Garten rund um sein neues Haus am Ortsende in Richtung der Windräder anzulegen. "Die waren für mich kein Grund, hier nicht zu bauen. Ich sehe keine Beeinträchtigung meiner Lebensqualität, der Schattenwurf ist minimal."
Zweites Neubaugebiet
Unmittelbar neben dem Grundstück von Markus Krauß in Richtung der Windräder entsteht gerade ein Neubaugebiet. Die Erschließungsarbeiten laufen, die Vermarktung ist im Gange, die Nachfrage entsprechend. Es ist bereits das zweite Baugebiet, das seit der Errichtung der Windräder hier entsteht. "Es gibt in Oberngrub noch vier bis fünf Familien, die sich an den Windrädern stören", informiert ein Landwirt, der seinen Namen nicht veröffentlicht haben möchte. Er selbst könne gut damit leben, der Schattenwurf sei minimal. Tote Vögel durch die Rotorblätter habe er noch keine gesehen: "Als Landwirt wäre mir das aufgefallen."
"Ein Geräuschpegel durch die Anlagen ist nur bei hoher Luftfeuchtigkeit festzustellen, man muss es hören wollen. Dann ist es ein leichtes Surren, das aber hinter anderen Geräuschen zurücksteht." Diese Aussage stammt von einem Unternehmer, der ebenfalls seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.
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