Zeitreise in die Vergangenheit der Stadt Forchheim

21.9.2015, 10:00 Uhr
Zeitreise in die Vergangenheit der Stadt Forchheim

© Fotos: Udo Güldner

Es war eine seltsame Prozession, die da am Bächla entlang durch die Innenstadt schritt. Allen voran der Herr der Zeit, Chronos, den Darstellerin Jutta Dafner in eine sanduhrige Göttin verwandelte. Ihr zur Seite ein befrackter Stadthistoriker (Andreas Wokittel), der sich im Renaissance-Schmuck des Rathausplatzes auskannte und in erschreckend ernüchternder Art vom „Forchheimer Mauernscheißer“ erzählte.

Von der ersten europäischen Gemeinschaftswährung, dem Silberdenar Karls des Großen, ging es rasant zu einer Art vorsintflutlichen „Steuersparmodell“: Das „Frechshaus“ am Rathausplatz hatte nach oben hin immer größer werdende Stockwerke, um ganz unten Grundsteuer zu vermeiden. Als die Rede auf die „Teufelskrallen“ an der Fassade der Martinskirche kam und neben profanen Erklärungsversuchen wie schabenden Bürgern auch der Satan persönlich herbeizitiert wurde, raunte es „So ein Schmarrn!“

Improvisationstalent gefordert

Überhaupt zeigten sich die Zuhörer bisweilen auch als spontane, pfiffige Akteure, die mit Rufen und Taten das Improvisationsgeschick der Schauspieler herausforderten. Horst Vogel als hungernder Bäcker, dem ein Kind doch tatsächlich ein Stück Brot anbot, und Marvin Götz als schwedischer Plünderer, der seine Beute vor Touristen aus Fürth in Sicherheit bringen musste, machten dabei eine glänzende Figur — selbst im Halbdunkel.

Es war ein gelungener Kunstgriff, mit dem Ludwig Dafner weltliterarische Szenen auf Forchheim umgemünzt hat. Der Kopf des StaTTTheaters, der sich diesmal nicht ins Kostüm geworfen hatte, versetzte etwa Grimmelshausens zigeunerhafte Courasche (Christine Sauerborn) aus dem barocken „Simplicissimus Teutsch“ in die engen Altstadtgassen. Mit lautem Gepolter zogen sie und ihre Begleiterin (Anna Nützel) den Karren über das Kopfsteinpflaster und verscheuchten jugendliche Abhänger.

Zeitreise in die Vergangenheit der Stadt Forchheim

Im Saltorturm feuerte der Festungskommandant Friedrich von Schletz sein Häuflein Truppen an. Der war erfüllt vom Rauch der Kanonen, vom Lärm des Gemetzels und von der bühnenreifen Begeisterung Walter Burkhards.

Fackeln ersetzten Tageslicht

Dann wurde es nicht nur sprichwörtlich finster für Forchheim — dessen Bedeutung seit dem frühen Mittelalter Jahr für Jahr geringer wurde — auch der Stadtführung ging buchstäblich das Tageslicht aus. Was aber durchaus der Atmosphäre halber gewollt war. Kerzen, Teelichter, Lampions und einige Mönche mit Fackeln (Wolfgang Rösch, Mariano Bogensperger, Hendrik Wokittel) erhellten das düstere Geschehen. Im Krottental plauderten indes ein arbeitsloser Major (Horst Vogel) und seine Angetraute Minni (Heidrun Wokittel) und machten dabei Lessings „Minna von Barnhelm“ lokale Konkurrenz.

 Zum Ende der Saison gibt es noch zwei Gelegenheiten, mit Chronos durch die Jahrhunderte zu wandeln: Freitag, 25., um 18 Uhr und Sonntag, 27. September, um 11 Uhr. Treffpunkt ist die Porta Vorchheimensis (Hauptstraße 56). Die Führung dauert etwa 90 Minuten und kostet 7,50 Euro bzw. fünf Euro.

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