Zwischen Spannung und Coolness
25.2.2014, 18:20 UhrSpätestens, wenn man einen kummervollen Ray Charles in seinem R-&-B-Klassiker „I don’t need no Doctor“ über fehlende Zärtlichkeit klagen hört, oder wenn Isaac Hayes in „Do your Thing“ bewegende Zeilen in bewegte Musik gefasst hat, weiß man: Der Blues drückt aus, was Menschen denken und fühlen, was sie fürchten, wie sie leiden. Wäre das so eindimensional, dann hätten nach dem Konzert sämtliche Zuhörer, für Jazzverhältnisse außerordentlich viele, eine Psychotherapie oder Medikation nötig.
Dass es nicht so ist, liegt am akustischen Stimmungsaufheller „Blue Heat“. Dabei erweist sich, dass Diana Laden eben nicht „made of stone“ ist, wie sie in Joss Stones „Right to be wrong“ gefühlvoll und willensstark singt. Dabei erhebt „Blue Heat“ das schmusige Original mit rockig-souligem Touch aus seiner melancholischen Mittelmäßigkeit. Dass Diana Laden eine für den Blues schon fast zu perfekte Stimme hat, die all zu klar, zu wenig mollig, nicht kantig genug wirkt, darf man ihren erst 31 Jahren zuschreiben. Dieses „Manko“ dürfte irgendwann verschwinden — und sich die Reife der Tiefgründigkeit hinzu gesellen.
Woher all die Rhythmen kommen, enthüllt ein Stück des US-Bluesgitarristen Sonny Landreth. Auf dem „Congo Square“ im Herzen von New Orleans trafen sich im 19. Jahrhundert die Sklaven, um auf dem Platz unter Polizeiaufsicht zu tanzen und so afrikanische Rhythmen in die Neue Welt hinüber zu retten.
Keine Alligatoren
Mit Alligatoren in Afrika hat das, wie Moderator Jürgen Schottenhamml augenzwinkernd streut, also nur im Hinblick auf die Herkunft der Zwangsarbeiter zu tun. Fast scheint sich Stephan Greisinger mit seinem Tenor-Saxophon in mäandernden Melodien verlieren zu wollen.
Nicht nur rhythmische Grundlagen liefert Schlagzeuger Güven Sevincli ab, sondern wie im „Work Song“ aus der Feder Nat „Cannonball“ Adderleys auch ausdrucksstarke und einfühlsame. Aus Jürgen Schottenhamml und seiner E-Gitarre bricht der Chicago-Blues mit seiner Eleganz heraus. Intensive Soli wechseln mit zerbrechlichen Phasen, vibrierende Spannung mit sanfter Coolness. Wo Chester „Howlin’ Wolf“ Burnett sein „Who’s been talkin’“ reibeisenstimmig in die Welt hauchte, scheint Ralf „Banz“ Heilmann mitzuleiden. Auch wenn man ihm die Gefühlsexzesse nicht ansieht. Aber man hört sie aus der Hammond-Orgel.
Ebenso wie Stephan Greisingers E-Wind-Instrument, das den „Sudden Samba“ Horace Silvers zum Tanzen bringt. Es bleibt „Blue Heat“, dass sie auch im Angesicht bluesiger Depressionen ihre Fröhlichkeit bewahren, ihren Arrangements eine mitunter heiter-gelassene Note hinzufügen können. So wie in Bill Withers Standard „Ain’t no sunshine“ trotz aller Verzweiflung dank Diana Ladens warmherziger Interpretation doch noch die Sonne aufgeht.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen