Frauenleiche in der Aisch: Gerüchteküche im Ort brodelte

8.5.2014, 06:00 Uhr
Auch am Mittwoch schwieg der Angeklagte Roy E. zu den Vorwürfen.

© Edgar Pfrogner Auch am Mittwoch schwieg der Angeklagte Roy E. zu den Vorwürfen.

Als Nadine K. am 6. Juni 2013 kurz vor ihrer geplanten Hochzeit mit Roy E., spurlos verschwand, brodelte die Gerüchteküche: Von einem Liebhaber war die Rede, auch wurde der Mutter einer kleinen Tochter ein möglicher Suizid unterstellt. Doch als Tage später traurige Gewissheit herrschte, und ihr Leichnam aus der Hochwasser führenden Aisch gezogen wurde, schossen in Brunn im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim die Spekulationen ins Kraut, wie am dritten Tag der Beweisaufnahme im Schwurgerichtssaal zu hören ist.

Schon Tage vor dem Verschwinden der Frau, so eine der damaligen Nachbarinnen, habe das Paar heftig gestritten: Im Garten des Wirtshauses, welches das Paar in Emskirchen führte, soll Roy E. seiner Verlobten regelrecht an die Gurgel gegangen sein.

Und wie ein Lauffeuer machten damals weitere Gerüchte die Runde: E. wurden abwechselnd Verbindungen zu Rechtsradikalen, zum Rotlichtmilieu und zu Rockern unterstellt. Andere im Dorf vermuteten ein Bordell auf dem Dachboden, witterten wahlweise eine wilde Sammlung aus Sturmhauben und Waffen.

Der Angeklagte Roy E. verschanzt sich weiterhin hinter Schweigen, doch schüttelt während dieser Zeugenaussagen den Kopf. Ist dieser Dorfklatsch bei der Suche nach der Wahrheit, der Rekonstruktion der Frage, was Nadine K. in der Nacht zum 6. Juni 2013 widerfuhr, hilfreich?

Möglich. Über Roy E. wusste die Gerüchteküche, dass er hoch verschuldet war. Und seine wirtschaftliche Notlage ist tatsächlich nicht aus der Luft gegriffen: In der Gaststätte ging der Gerichtsvorzieher ein und aus und Wirt Roy E. war wegen eines Kredites über 20.000 Euro bereits bei der Bank vorstellig geworden. Für Oberstaatsanwältin Jutta Schmiedel ein Mordmotiv. Für seine „insgesamt äußerst missliche Lage“, wirft sie ihm vor, machte er Nadine K. verantwortlich. Die aufwendig geplante Hochzeit könnte ihn demnach verstärkt unter Druck gesetzt haben.

Haarsträubende Geschichten

Doch auch Roy E. verbreitete in seinem Heimatort haarsträubende Geschichten: Ihn störte vor allem eine Hütte am Sportplatz. Dort ist ein privater Treffpunkt eingerichtet, es wird gekartelt und getrunken. Für E. ein Ort, der ihm die Gäste wegnimmt. Bei einer Bürgerversammlung setzte er sich dafür ein, dass in dieser Hütte keine Getränke mehr ausgeschenkt werden. Später wurde sein Haus angeblich mit Eiern beworfen, er will sogar mit Mord bedroht worden sein.

Rechtsmediziner Peter Betz hält sich dagegen an Fakten: Er untersuchte am Nachmittag des 11. Juni Nadine K.s Leichnam in der Gerichtsmedizin Erlangen. Er entdeckte Einblutungen am Hals und am Nacken der Frau - Indizien, die dafür sprechen, dass sie erwürgt wurde. Auch mehrere Schrammen am Arm des Roy E. nahm Betz unter die Lupe.

Kratzer, die Roy E. damit erklärt, dass er sich beim Hantieren an seinem Ochsenspieß verletzte. Betz hält dagegen Abwehrverletzungen für denkbar - die Kratzer könnten von Nadine K.s Fingernägeln stammen.

Am vorherigen Sitzungstag hatte die Verteidigung Formfehler gerügt und versucht, den Prozess zu kippen. Beantragt wurde, die Verhandlung gegen Roy E. auszusetzen und einen neuen Gutachter zu bestellen.

Hintergrund war die psychiatrische Begutachtung des E.: Im August 2013 hatte das Amtsgericht Fürth dessen Einweisung in ein psychiatrisches Krankenhaus angeordnet, um E. untersuchen zu können, zuständig wäre aber das Landgericht gewesen. Der Beschluss des Amtsgerichts Fürth sei tatsächlich rechtswidrig gewesen, so die Richter. Dennoch lasse dieser Fehler das Verfahren nicht platzen, der Gutachter dürfe bleiben. Nun wollen die Verteidiger Beschwerde einlegen. Der Prozess geht weiter.

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