Feurige Affekte in der Kofferfabrik

14.02.2015, 16:29 Uhr
Feurige Affekte in der Kofferfabrik

© Foto: Tim Händel

Ist das hier der Planet der Affen? Ausdrucksstarke Porträts von Orang Utans und anderen Menschenaffen prangen an den Wänden. Das sind keine naturalistischen Wiedergaben aus Brehms Tierleben. Nein, es sind die feinen Annäherungen von tierischen und menschlichen Physiognomien. Der Ausdruck der Augen. Der Zug um den Mund. Die Falten im Gesicht. Eben doch ein wenig so wie im Film „Planet der Affen“, dessen Faszination ja auch aus der maskentechnischen Fusion aus menschlichen und äffischen Gesichtszügen herrührt.

Teilweise unterstreicht Gerstung die menschlichen Züge durch Accessoires, etwa eine Krone auf dem Affenhaupt. Teils auch durch Affekte und Regungen — weit aufgerissene Augen, ein betont grüblerischer Gesichtsausdruck. Und natürlich durch das attraktive Großformat.

Doch die Affengalerie ist nur ein Bestandteil des „sumerischen Kreises“; ein weiterer ist die sumerische Keilschrift, die Gerstung abfotografiert und auf einer Plane vergrößert hat. Ebenso das Feuer, hier in Gestalt einer Lötlampe mit Beschriftung in Keilschrift. Was das Ganze soll? Zwei Grafiken geben weiteren Aufschluss. Bild 1 zeigt einen Mann in einem Halbrund aus Wänden voller Keilschrift. Aus Fenstern blicken Affen auf den Mann herab. Bild 2 zeigt dasselbe Interieur, diesmal mit einer Lötlampe auf einem Sockel.

Das eigentliche Projekt „Sumerischer Kreis“ harrt derweil noch seiner Vollendung. Was Gerstung vorschwebt, sieht so aus: Ein großer Halbkreis aus drei Meter hohen Papierbahnen, mit sumerischer Keilschrift vollgekritzelt. Im Zentrum des Halbkreises sitzt ein Geschäftsmann von heute vor seinem Laptop und glaubt, Wissen zu beziehen. Aus Fenstern in den Papierwänden lugen Affenporträts auf beleuchteten Glasscheiben. Immer wieder leuchtet abwechselnd ein Porträt auf und versinkt im Dunkel. Der Mann fühlt sich beobachtet, greift zur Lötlampe und speit Feuer auf seine Beobachter. Am Ende setzt er den Halbkreis in Brand und steht den Affen gegenüber.

So soll die Performance aussehen, für die Gerstung bereits einen professionellen Feuerschlucker engagiert hat. Nun braucht er noch einen geeigneten Standort und das Plazet der Feuerwehr. Ein Grundstück in Offenbach hat er im Visier, eine Generalprobe könnte aber im August oder Oktober vielleicht in Fürth stattfinden.

Mit seiner feurigen Idee steht er in der Tradition eines ganz Großen. Auch Richard Wagner spielte einst mit dem Gedanken, ein Festspielhaus für eine einmalige „Ring des Nibelungen“-Aufführung ganz aus Holz am Rheinufer zu bauen, um den Bau nach der Aufführung in Brand zu stecken und die Partitur ins Feuer zu werfen.

Bis zur artifiziellen Brandstiftung durch Gerstung ist jedenfalls noch Zeit. Bis dahin ist man eingeladen, in Ruhe die Bestandteile zu studieren und sich die Performance im eigenen Kopf auszumalen.

„Der sumerische Kreis“: Galerie in der Kofferfabrik (Lange Straße 81). Bis 6. April.

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