25 Jahre Tanzen: Studio Arabesque feiert Jubiläum
17.7.2015, 17:10 UhrIm Hinterhaus zur Schwabacher Straße ist es still. Die Fußgängerzone scheint weit weg zu sein, Autolärm sowieso. Im großen Ballettsaal glitzern die wandhohen Spiegel, die Stangen für den stabilisierenden Griff bei den Übungen scheinen endlos zu sein. Später werden die Schüler kommen, Pliès oder Attitude trainieren. Im Moment ist Julia Vitez noch alleine in ihrem Reich. Sie freut sich: „Das Gute an diesen Räumen hier ist: Sie liegen auf der Nordseite, deshalb wird es im Moment nicht ganz so heiß.“
Seit 25 Jahren hat die zierliche Frau mit dem braunen Pagenhaarschnitt ihr Ballettstudio Arabesque zu einem Begriff gemacht. Klassisches Ballett, Jazztanz, Fitnessgymnastik stehen auf dem Kursprogramm. Die Jüngsten hier sind drei, die Älteren haben nicht selten bereits den 70. Geburtstag gefeiert.
Julia Vitez war vier Jahre alt, als sie in ihrer Heimatstadt Budapest eine Lebensentscheidung traf: „Ich war mit meiner Mutter in der Staatsoper und habe ,Nussknacker‘ gesehen, von diesem Moment an wollte ich Tänzerin werden.“ Sie setzt sich durch, wird am renommierten Ballettinstitut aufgenommen. Doch dann kommt das Jahr 1956, der ungarische Volksaufstand wird niedergeschlagen. Auch die Familie von Julia Vitez muss fliehen und kommt nach Wien.
„Ich konnte kein Wort Deutsch“, erinnert sie sich. Irgendwann schnappt sich das Mädchen einen Duden und beginnt, Wörter und vor allem die leidigen Artikel – die es im Ungarischen nicht gibt – zu lernen. Sie hat einen guten Grund: „Mein Vater, der Kaufmann war, hielt nichts von meinem Wunsch, Tänzerin zu werden. Die Ausbildung durfte ich nur machen, wenn ich Einser schrieb.“ Die Zensur steht schon sehr bald in ihrem Zeugnis. Julia tanzt weiter.
Als Elevin ist sie die meiste Zeit an der Wiener Volksoper beschäftigt. Es sind die Jahre, als Namen wie Nicolai Gedda und Lisa della Casa groß auf den Plakaten stehen. Bis heute hütet Julia Vitez ein Autogrammbuch, in das die Stars ihre Unterschrift setzten: „Da ist Erich Kästner dabei und Alfred Hitchcock, der kam nach der Vorstellung hinter die Bühne und hat eine Karikatur von sich in mein Buch gezeichnet.“ Sie erinnert sich an die Hierarchie, die an den Theatern herrschte: „Wir Kinder hatten so eine Ehrfurcht vor den Großen, wir haben uns gestritten, wer ihnen die Tür aufhalten durfte. Wir haben die verehrt.“
Ihre Ausbildung mutet nach heutigen Maßstäben sehr, sehr streng an: „Ich bin noch mit dem Rohrstöckchen unterrichtet worden.“ Julia Vitez muss lachen: „Wir haben danach gelechzt, weil wir was lernen wollten. Unbedingt.“ Deshalb habe es auch keine Fehlstunden gegeben: „Wir kamen mit Kopfschmerzen, Fieber und Blasen an den Füßen.“ Klingt schmerzhaft. „Aber nein, ich hatte eine wunderbare Kindheit und Jugend.“
Später tanzt sie zum Beispiel beim weltberühmten Neujahrskonzert. „Das wurde damals noch live gemacht, wir standen am 1. Januar im Studio.“ Rund um den Globus staunten die Zuschauer über die zarten Tänzerinnen, die scheinbar unter der Decke des Saales schwebten. „Ja, das wurde am Boden ganz exakt markiert, wo wir tanzen sollten, und dann überblendet.“
Im Theater an der Wien ist sie in den großen Musicals und Operetten auf der Bühne. „Damals habe ich mit Johannes Heesters getanzt. Und mit Freddy Quinn.“ Wer war netter? „Heesters war sehr charmant.“ Eine große Tournee führt sie ein Jahr lang unter anderem nach Montreal. „Das war wunderbar, aber anschließend wollte ich sesshaft werden.“
Das wird sie auch. Zunächst in Flensburg, anschließend in Nürnberg. „Damals gab es dort ein sehr großes Ballettensemble, wir standen fast jeden Abend auf der Bühne – genau das, was ich immer wollte: Tanzen, tanzen, tanzen.“
Genau das macht Julia Vitez seit 25 Jahren in Fürth. „Natürlich zeige ich jede Übung selbst und bin immer mit dabei.“ Beim Tag der offenen Tür morgen gibt es von 15 bis 19 Uhr einen Einblick darauf: „Wir tanzen aus der Reihe“ heißt es dann im Ballettstudio in der Schwabacher Straße 31.
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