Ab Montag hat Fürth ein Sozialticket
29.6.2013, 16:00 UhrFürths Oberbürgermeister Thomas Jung spricht von einem „Quantensprung“ — und weiß nur zu gut, dass die Lorbeeren für das neue Angebot keineswegs dem Stadtrat und der infra allein gebühren. Ausdrücklich bedankte er sich beim Pressetermin im Sozialrathaus beim Fürther Sozialforum, das — im besten Sinne des Wortes — hartnäckig für das Sozialticket gekämpft habe und „dem Stadtrat auf die Nerven gegangen“ sei.
Tatsächlich hat das Sozialforum in den vergangenen Jahren nicht locker gelassen und die alte Forderung nach einem Sozialticket immer wieder mit Demonstrationen und plakativen Aktionen erneuert. So wurden dem OB beispielsweise schon vor vier Jahren 1200 Unterschriften übergeben; im vergangenen Sommer dann bekam er in einer Stadtratssitzung 1200 Gelbe Karten – weil sich immer noch nichts getan hatte.
Die spendenfinanzierten Mobilitätstaler nämlich, die seit Januar 2012 vom Bündnis für Mobilität – bestehend aus infra, Bürgerstiftung und Stadt Fürth – an Bedürftige ausgegeben wurden und einen monatlichen Zuschuss von fünf Euro zur Fahrkarte bedeuteten, betrachtete das Sozialforum lediglich als Tropfen auf den heißen Stein. Ein richtiges Sozialticket, dabei bleibt das Sozialforum bis heute, würde es sozial Schwachen ermöglichen, für 15 Euro im Monat Busse und Bahnen zu nutzen.
So weit aber geht auch die jetzige Lösung nicht. Nachdem die Bemühungen der infra und des Stadtrats, einen gemeinsamen Sozialtarif für Fürth und Nürnberg einzuführen, gescheitert waren, beschloss das Fürther Gremium im Dezember, künftig jährlich 200000 Euro im Haushalt für die Leistung einzuplanen. Aus diesem Topf sollen Bedürftige nun einen Zuschuss von zehn Euro pro Kopf und Monat für den ÖPNV bekommen. Ausgegeben wird er weiterhin in Form von Mobilitätstalern – allerdings sind es nun zwei pro Monat. Jeder, der etwa Hartz IV, Wohngeld, Grundsicherung oder Jugendhilfe bezieht und seine Bedürftigkeit über den Fürth-Pass nachweisen kann, erhält die Taler für die Dauer des Leistungsbescheides an der Kasse des Sozialamtes. Die Taler können dann im Kundencenter der infra im U-Bahn-Verteilergeschoss im Hauptbahnhof eingelöst und auf eine beliebige Karte angerechnet werden.
In Ansbach kopiert
Diese Flexibilität sei der große Pluspunkt, sagt Fürths Sozialreferentin Elisabeth Reichert: „Man kann sie ansparen und später dem Kind ein Ferienticket kaufen. Oder man kann sich zu zweit zusammentun und sich eine Mobicard kaufen...“ Laut Reichert hat man das Fürther Konzept wegen der Wahlfreiheit bereits in Ansbach kopiert. Sie weist darauf hin, dass es auch einfacher geworden ist, die Taler fürs Jahresabo zu nutzen. Der Antrag dafür ist im Sozialamt zu stellen, das Geld wird gegen Nachweis aufs Konto überwiesen.
Eine „schöne Lösung“ habe man gefunden, meint der OB, der nicht verhehlt, dass es „relativ lange gedauert“ habe. Der Zuschuss, das betont der Rathauschef, sei „die erste große, dauerhafte soziale Leistung der Stadt Fürth nach den Sparbeschlüssen“. Er halte es aber „für ganz wichtig“, den Bedürftigen in Fürth „bei aller Knappheit der Finanzen“ unter die Arme zu greifen.
Dass der Bedarf besteht, zeige die Nachfrage nach den Mobilitätstalern: Bis Ende Mai wurden 21649 Taler ausgegeben, knapp 80 Prozent wurden auch eingelöst. Laut Reichert nahmen zuletzt 1400 Personen den Zuschuss in Anspruch. Jung und Reichert betonten aber, dass es eigentlich Pflicht des Bundes sei, Hartz IV „so auszugestalten, dass das Grundrecht auf Mobilität abgedeckt ist“.
Die Bürgerstiftung bleibt übrigens auch künftig mit im Boot. Sie hilft bei der Abrechnung der Taler und sammelt weiter Spenden, um die Stadt bei der Finanzierung des Sozialtickets zu unterstützen.
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