An der Pegnitz: Fürth bekommt ein Sterne-Hotel
30.5.2020, 09:15 UhrHorst Müller wirkt beim Pressetermin so gelöst, als hätte er soeben in der Nachspielzeit einer verfahrenen Partie das siegbringende 1:0 geschossen. Wobei dieser Vergleich in Sachen Wolfsgrubermühle ein wenig hinkt. Der Wirtschaftsreferent hatte den Treffer nicht selbst erzielt, er hatte ihn aber definitiv vorbereitet.
Rückblick: Im Dezember 2018 gab der Fürther Stadtrat grünes Licht für den Verkauf der Immobilie, die das Stadtbild prägt, aber seit den 1970er Jahren leersteht. In den folgenden Jahrzehnten tauchten immer wieder Investoren auf, die große Pläne mit dem Areal hatten. Kino, Altenheim, Büros, Wohnungen. Alles scheiterte, manches nicht erst in der Nachspielzeit, sondern schon in der ersten Halbzeit der Partie.
Vor zwei Jahren signalisierte dann jene oberbayerische Familie Interesse, die bereits das angrenzende Wasserkraftwerk betreibt. Im Rathaus löste das Entzücken aus, denn klar ist: Was auch immer in der Wolfsgrubermühle geschieht, es geht nur in Zusammenarbeit mit Familie Grimmer: Die Turbinen ihres Kraftwerks sind nicht nur laut, sondern lösen auch Erschütterungen aus. "Wenn einer diese Investition leisten kann, dann ist das der Besitzer des Kraftwerks", frohlockte damals Oberbürgermeister Thomas Jung.
Doch nach dem Stadtratsbeschluss, das Gebäude abgeben zu wollen, das die Stadt 2016 samt der angrenzenden Brachfläche erworben hatte, zog sich ein Haar in das Projekt. Bei den Grimmers hatten Vater und Sohn plötzlich unterschiedliche Vorstellungen. Auch dieser Partie drohte also der vorzeitige Abpfiff. Bis Fürths Wirtschaftsreferent an den Ball kam. Er brachte den Berater der Familie mit dem Fürther Immobilienunternehmer Philipp Streng zusammen. Streng hat sich bereits mit den Malzböden auf dem früheren Humbser-Gelände, aber auch mit der Sanierung der Gasthäuser "Grüner Baum" und "Schwarzes Kreuz" einen Namen gemacht. Gegenwärtig bringt er den Fürther Hauptbahnhof auf Vordermann.
Mit einer Sky-Bar?
Die Chemie zwischen den Geschäftsleuten stimmte. Jetzt, über den Preis ist nichts zu hören, ist der Verkauf doch noch über die Bühne gegangen. Womit wir wieder am Anfang wären: Vorlage Müller, Schuss, Tor. Nach Jahrzehnten des Verfalls hat die Wolfsgrubermühle eine Perspektive. Ein Hotel soll es werden, nicht irgendeines. Vier bis viereinhalb Sterne könnten es werden, keine Kette, sondern ein Familienbetrieb. Rund 100 Zimmer, Gastronomie am Pegnitzufer oder auch eine Sky-Bar hoch oben auf dem Dach sind im Gespräch.
Fürth, da sind sich alle einig, habe durchaus Bedarf an weiteren Hotelbetten. Zunächst aber will man das Gebäude sichern, das sei dringend nötig, sagt Philipp Streng beim Gesprächstermin vor Ort. Für konkrete Planungen kalkuliert er mindestens ein Jahr ein. An einen Baustart sei daher frühestens 2022 zu denken. Das Wasserkraftwerk soll entweder leisere Turbinen bekommen oder gleich einen kompletten Neubau.
Als Schüler radelte er täglich vorbei
Dass die Stadt in direkter Nachbarschaft auch das Heinrich-Schliemann-Gymnasium neu errichten will, stört die Investoren nicht. "Das wird ein gutes Miteinander, hier kann etwas Schönes entstehen", sagt Streng, der selbst das Schliemann besucht und eine Anekdote zu erzählen hat: Vor 30, 35 Jahren radelte er auf dem Schulweg täglich an der Bauruine Wolfsgrubermühle vorbei. "Was wird daraus werden?", habe er sich oft gefragt. Jetzt weiß er es.
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