Architekten müssen in die Verlängerung gehen
20.9.2012, 11:00 UhrEs war eine komplizierte Geburt — doch in den Augen der Organisatoren hat sich die Mühe gelohnt, den Wettbewerb durchzuführen, nachdem ihn Bauherr MIB und Rathaus-Chefetage eigentlich schon gekippt hatten. Es herrsche ja weitgehend Konsens über die gewünschte Ästhetik für das Einzelhandelsprojekt, dachte man damals, im Herbst 2011 — ruderte jedoch nach heftiger Kritik rasch wieder zurück.
Was sich danach fünf ausgewählte Architekturbüros seit Mai dieses Jahres einfallen ließen, kann sich auch nach Einschätzung des städtischen Baureferenten Joachim Krauße, vehementester Streiter für den Wettbewerb, sehen lassen. Und Wolfgang Janowiak, der im Auftrag von MIB für die Abwicklung verantwortlich zeichnete, spricht von einem „spannenden, intensiven Dialog“.
Am Ende habe das Preisgericht den Fokus auf „zwei starke Entwürfe“ gelenkt, sich aber „noch nicht eindeutig festgelegt“. Deshalb darf sich das Leipziger Büro Weis & Volkmamn zwar als Sieger fühlen, fand dessen Entwurf doch den meisten Zuspruch — ob so gebaut wird, bleibt indes offen. Denn ein zweiter Preis ging an das mit knappem Abstand folgende Büro Gewers & Pudewill aus Berlin. Beide bekommen nun die Gelegenheit zur Überarbeitung.
Zu hoch hinaus
Laut Janowiak fand bei Weis & Volkmann die „rationale und subtile Fassadengestaltung“ des Neubaus Beifall, der anstelle von Fiedler und Park-Hotel geplant ist. Allerdings missfällt der Jury ein städtebaulicher Akzent an der Ecke Breitscheid-/Friedrichstraße: Einen im Wortsinn herausragenden Turm stellen sich Weis & Volkmann an dieser exponierten Stelle vor. Entschieden zu hoch finden ihn die Preisrichter und verlangen Nachbesserungen.
Einen noch deutlich gewagteren Vorschlag haben Gewers & Pudewill vorgelegt. Er sieht an der Ecke zur Freiheit hin sowie am anderen Ende ebenfalls turmartige Baukörper vor, allerdings mit „skulptural“ (Krauße) unterschiedlich hoch aufragenden und versetzten Elementen sowie mit golden schimmerndem Blech verkleidet. Das ist gewöhnungsbedürftig, zeichnet sich aber, so Janowiak, durch „stärkere Frische und Individualität“ aus. Dennoch bittet man die Architekten um eine „Überprüfung der expressiven Ecklösungen“; auch für den dazwischen liegenden schlichten Trakt wünscht man sich Korrekturen.
Um sie umzusetzen, haben beide Preisträger nun vier Wochen Zeit — dann werde man mit einer schließlich für tauglich befundenen Variante wieder an die Öffentlichkeit treten, sagt Maik Mehlhose, bei MIB für den technischen Ablauf beim Bau von Projekten zuständig. Mehlhose wie Baureferent Krauße betonen jedoch: Auch dieser Entwurf werde aller Wahrscheinlichkeit nicht 1:1 umgesetzt, denn wie bei jedem Bauvorhaben machen Wünsche der Mieter oder aber Einwände der Denkmalpflege im Rahmen des Genehmigungsverfahrens oft weitere Änderungen nötig. „Wir hoffen aber, so viel wie möglich retten zu können“, sagt Krauße.
Apropos Denkmalschutz: In beiden preisgekrönten Entwürfen ist vorgesehen, in die Substanz der historischen Häuser auf der gegenüberliegenden Seite, am Rande des Wölfel-Areals, stärker einzugreifen als ursprünglich kommuniziert. So sollen größere Fensterfronten, teils über zwei Stockwerke hinweg, das Augenmerk auf jene Mieter großer Flächen im hinteren Bereich der Wölfel-Höfe lenken, die von der Breitscheidstraße aus nicht zu sehen sind. Die Denkmalpflege sei davon selbstredend nicht angetan, sagt der im Preisgericht vertretene Fürther Stadtheimatpfleger Alexander Mayer, doch die Eingriffe seien „hinnehmbar“.
Wie geht es nun weiter? Der endgültigen Entscheidung in Sachen Architekturentwurf folgen laut Mehlhose im Herbst eingehende Untersuchungen und die „Entrümpelung“ der bis dahin komplett geräumten Gebäude. Zudem nimmt MIB den Baugrund genau unter die Lupe. Mit den ersten Abbrucharbeiten sei erst nach dem Winter, im Februar oder März, zu rechnen. Sie werden auf der Wölfel-Seite beginnen, zwei bis drei Monate danach sollen die Bagger Fiedler-Haus und Park-Hotel dem Erdboden gleichmachen.
Eröffnen wird der Einzelhandelskomplex im günstigsten Fall im Herbst 2014, spätestens aber, wie Mehlhose verspricht, im Frühjahr 2015.
Alle Workshop-Ergebnisse sind am Sonntag und Dienstag bis Donnerstag nächster Woche, 10 bis 16 Uhr, sowie am Samstag von 13 bis 17 Uhr in einer öffentlichen Ausstellung im Stadtmuseum, Ottostraße 2, zu sehen.
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