Blüten zum Anfassen
15.04.2010, 00:00 Uhr
Der April macht bekanntlich, was er will. Und so zeigte sich der Stadtpark beim Rundgang durch den Baumlehrpfad an vielen Stellen schon romantisch blühend, während der Himmel immer wieder kühle Regenschauer herunter schickte. So kalt, dass der Atem von Rundgangsleiter Dirk Osterloh muntere Wölkchen bildete.
Seit 2008 informiert der Lehrpfad mit Metallplaketten über die dort wachsenden Bäume, ihre Herkunft, Früchte oder bevorzugte Standorte. »Ich wurde bei meiner Arbeit immer wieder von Fußgängern auf die Schilder angesprochen», erzählt Osterloh, der beim Fürther Grünflächenamt Sachgebietsleiter für die Baumpflege ist. Daher entschloss er sich, interessierten Bürgern Rundgänge anzubieten, um den Lehrpfad bekanntzumachen. Jetzt traf sich dazu rund ein Dutzend Fürther – in diesem Jahr zum ersten Mal.
Dass die Witterung nicht gerade einladend war, machte zumindest Osterloh nichts aus. Im Gegenteil: »Man sieht den Park mit ganz anderen Augen, wenn es mal nicht so ein Strahletag ist.» Überhaupt empfiehlt der 46-Jährige, seine grünenden und blühenden Schützlinge stets mit allen Sinnen wahrzunehmen. »Fassen Sie die Borke oder die Blüten ruhig an», forderte er seine Zuhörer etwa vor einer noch jungen Rosskastanie auf.
Bis die ihre weiß-roten Blüten der Sonne entgegenrecken wird, dauert es zwar noch ein wenig. Doch bereits jetzt machen Zierkirschen oder Magnolien Vorfreude auf Wärme, Sonne und den Sommer. Gleich am Eingang zum Baumlehrpfad, an der Engelhardtstraße, steht ein solcher Baum, die aus Japan stammende Kobushi-Magnolie.
»Magnolia kobus», nennt Osterloh deren lateinische Bezeichnung. »Nicht, um mich wichtig zu machen», sagt er, »sondern weil ich Bäume und Pflanzen in der Regel eher unter ihrem lateinischen Namen kenne.» Dies mache es ihm einfacher, sie entsprechend der biologischen Systematik – Art, Gattung, Familie, Ordnung und Klasse – einzuordnen.
Aber der städtische Baum-Experte macht aus dem Rundgang kein botanisches Seminar. Osterloh geht auf praktische Fragen zum Beschneiden oder Veredeln von Bäumen ebenso ein, wie auf die aktuelle Abholzaktion der Autobahnmeisterei am Frankenschnellweg. »Da stehen mir die Haare zu Berge», sagt er kopfschüttelnd. »Wir müssen auch hin und wieder Bäume fällen, aber was dort passiert, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.» Verkehrssicherheit alleine sei keine Begründung für einen derart radikalen Rückschnitt. Wenigstens biete der Stadtpark für viele seltene Baumarten ein Refugium. Manch sensible Eibe oder Akazie, die als Straßenbaum nicht robust genug ist, wird hier gehegt und gepflegt. Wann der nächste Rundgang unter fachkundiger Leitung stattfindet, steht noch nicht fest. Osterloh will jedoch wie im vergangenen Jahr wieder einige anbieten. Selbst bei schlechtem Wetter – als Freiluftarbeiter ist er das schließlich gewohnt.
ARMIN LEBERZAMMER