Büro für Einzelkämpfer

25.03.2013, 19:00 Uhr
Büro für Einzelkämpfer

© Mark Johnston

An einer Insel in der Raummitte sitzen sechs Männer und Frauen und konferieren über ihre Laptops hinweg. Rundherum stehen einfach zusammengesteckte und -geschobene Einer- und Zweierschreibtische. Auch auf den Barhockern auf der kleinen Bühne wird telefoniert und in die Tasten gehauen. An der Wand dahinter sind zwei große Papierbögen mit Kreppband festgeklebt, darauf finden sich zahlreiche Notizen.

Ein wenig unfertig wirkt der „Coworking Space“ – was sich mit „Raum für Zusammenarbeit“ übersetzen lässt. Noch. Aber das ist durchaus Absicht, sagt Michael Stingl: „Wir setzen auf das Prinzip ,agile Entwicklung‘: Unsere Coworker sollen sich mit einbringen und können das Büro nach ihren Wünschen umbauen.“ Der 33-jährige Webentwickler hat 2011 mit Felix Böhm die „Coworking Nürnberg GmbH“ gegründet und am dortigen Josephsplatz ein erstes dieser Gemeinschaftsbüros eröffnet.

Dass der Trend nun auch nach Fürth schwappt, dafür zeichnet die Geografin Theresa Loos verantwortlich. Sie hatte sich in ihrer Masterarbeit mit der Kultur- und Kreativwirtschaft der Kleeblattstadt beschäftigt und unter anderem herausgefunden, dass die Akteure sich eine bessere Vernetzung wünschen.

Im Coworking Space ist genau das Programm: Wer einen der 30 Arbeitsplätze nutzen will, erwirbt für 149 Euro ein Monatsticket und kann dann nahezug jederzeit kommen und gehen. Auch Tagestickets für 19 Euro werden angeboten. Für den Preis erhält man eine komplette Büro-Infrastruktur: Internet, Drucker, Scanner, Fax, Telefon, Beamer. Auch ein Konferenzraum für etwa zehn Personen steht zur Verfügung, der separat gemietet werden kann. Nur eines gibt es nicht: einen festen Arbeitsplatz. Jeder muss nehmen, was gerade frei ist. „Das macht aber auch den Reiz aus“, findet Theresa Loos. „So sitzt man immer wieder neben anderen Leuten und kann neue Kontakte knüpfen.“

Das hilft vor allem dann, wenn die Coworker, die oft Einzelkämpfer oder Start-up-Unternehmer sind, auf ein kniffliges Problem stoßen. „Ich habe kürzlich an suchmaschinenoptimierten Texten für meine Website gebastelt – und schnell fand sich im Büro jemand, der sich damit auskannte“, erzählt zum Beispiel Esther Bartenschlager, die zu den Nutzern der ersten Stunde in Fürth gehört.

Die Nürnbergerin betreibt als Ein-Frau-Unternehmen den Onlineshop tujuh.de für Wohnaccessoires. Den Nürnberger Coworking Space nutzt sie seit einem dreiviertel Jahr. Da sich ihr Lager aber in Fürth befindet, freut sie sich, nun auch in der Kleeblattstadt arbeiten zu können. „Hier sitzen so viele Kreative, die echt gut sind in dem, was sie machen. Die Gemeinschaft ist toll“, schwärmt Bartenschlager. Außerdem schätzt sie es, dank Coworking flexibel zu bleiben. „Es gibt keine Zwänge oder Erwartungen.“

Besonders für Existenzgründer ist das lukrativ: Sie müssen sich nicht langfristig an eine Büromiete binden, sondern können monatlich kündigen. Und sie müssen sich um nichts kümmern, denn „Papier, Toner und Kaffee ist immer da“, wie Michael Stingl sagt.

Für ihn als „Gastgeber“ ist es wichtig, seine Coworker zu kennen und Kontakte unter ihnen zu vermiteln. „Wir sind einfach offener als eine normale Bürogemeinschaft und tauschen uns in einer viel früheren Phase unserer Projekte aus, als das sonst üblich ist.“ Wer diese Atmosphäre erstmal ausprobieren will, dem bietet Stingl einen kostenlosen Probetag an: „Einfach Laptop unter den Arm klemmen und herkommen!“

Das Coworking Space in der Schwabacher Straße 66 ist montags bis freitags von 9 bis 18 Uhr besetzt. Kontakt über www.coworkingfuerth.de oder Tel. (0911) 49522110.

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