Carsharing: Verein Landauto tritt auf die Bremse

23.11.2017, 06:00 Uhr
Carsharing: Verein Landauto tritt auf die Bremse

© Foto: Ehm

Kurz vor dem Punkt, an dem das Carsharing einen richtigen Schub verpasst bekommt, tritt der Verein Landauto auf die Bremse und gibt die Schlüssel ab. Was sind die Gründe, Herr Parth?

Tim Parth: Es ging im Sommer darum, dass wir unseren Schlüsselkasten produzieren lassen wollten. Zur Erklärung: Diese Kästen wären im öffentlichen Raum montiert worden, an den Standorten unserer Autos. Die Nutzer hätten sich einmalig mit ihrem Führerschein im Internet auf unserer Seite registrieren und das Fahrzeug reservieren müssen. Der Schlüssel dafür liegt im Kasten, der hätte sich elektronisch mit einem Buchungscode öffnen lassen.

 

Und warum ist es nicht so weit gekommen?

Parth: Ich bin auf ein Startup namens "Getaway" hingewiesen worden, dass sich in der Sendung "Die Höhle des Löwen" bei vox vorgestellt hat. Dort können junge Unternehmen ihre Ideen präsentieren und im besten Fall auch Kapital einsammeln. "Getaway", die bisher schwerpunktmäßig in Berlin aktiv sind, hat das, was wir vorhatten, schon fertig. Und zwar zu einem Preis, bei dem wir nicht mithalten können.

 

Wie funktioniert das System?

Parth: Die Autos sind mit einer Art Telematik ausgerüstet, wie sie auch Versicherungen zum Teil bereits verwenden. Über eine Smartphone-App, die natürlich auch die potenziellen Nutzer brauchen, kann jeder Autobesitzer sein Fahrzeug verleihen. Wer registriert ist, kann den Wagen öffnen, der Schlüssel liegt im Handschuhfach. Abgerechnet wird nach Strecke. Den Preis pro Kilometer legt jeder Eigentümer selbst fest. GPS, um zu sehen, wo das Auto sich befindet, Tankkarte, Versicherung – alles vorhanden. Ich habe mich mit vielen Anbietern und Systemen beschäftigt, die waren alle komplizierter. Das ist ein Gesamtpaket, das auch uns mit unseren Bemühungen obsolet macht.

 

Dabei hätten Sie jetzt das Projekt mit Hilfe von Leader umsetzen können.

Parth: Wir hatten die Zusage des Steuerungskreises. Allerdings wäre es schon sehr schwierig geworden. Wir hätten erst noch den Antrag stellen müssen. Außerdem wird hier bei uns – im Gegensatz zu anderen Leader-Regionen – die Anschaffung eines Fahrzeugs, wir hätten gerne ein Elektroauto gehabt, nicht gefördert. Wir wollten zwar, wegen des günstigeren Preises, gleich zehn Schlüsselkästen kaufen, hätten aber dann auch sofort zehn Standorte dafür gebraucht.

 

So viele Fahrzeuge hat doch Landauto aber überhaupt nicht zur Verfügung.

Parth: Genau, wir haben derzeit zwei Autos und eventuell noch zwei weitere in Aussicht. Wir haben engagierte Leute im Verein und hätten das sicher geschafft, aber wir machen natürlich alles ehrenamtlich.

 

Geht es mit dem Carsharing im Landkreis weiter?

Parth: In unsere beiden Fahrzeuge wird in Kürze die Technik von "Getaway" eingebaut, unsere Nutzer, derzeit sind es rund 23, werden informiert und können sich entscheiden, ob sie dabei bleiben wollen oder nicht. Der Verein ist dann außen vor

 

Was passiert mit dem Verein?

Parth: Wir stellen den Geschäftsbetrieb zum Jahresende ein und wickeln alles noch sauber ab. Der Verein soll bestehen und das Thema Carsharing weiter ideell verfolgen.

 

Sie haben sich fünf Jahre lang auch mit Ihrem Knowhow als Programmierer stark engagiert. Bleibt da nicht ein Rest von Traurigkeit?

Parth: Ich habe mir schon viele Gedanken gemacht und auch jede Menge Zeit investiert. Ein eigenes System, das wäre cool gewesen. Von daher bleibt natürlich ein weinendes Auge. Allerdings, wir haben ein Haus gebaut, ich bin seit einem halben Jahr Vater – irgendwo war ich auch befreit und ein wenig erleichtert, das Ganze nach fünf Jahren abgeben zu können.

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