Dieses Zaudern kam überraschend und es war kaum nachvollziehbar. Offiziell wollte sich die Stadt Fürth am Donnerstag, nach Bekanntwerden der neuesten bayerischen Corona-Regelungen, noch nicht darauf festlegen lassen, ob zum Beispiel das Fürth Festival im Juli nun als "Großveranstaltung" zu klassifizieren sei – und damit wie andere, bis Ende August geplante Feste abgeblasen werden muss. Man wolle zunächst genauere Weisungen aus München abwarten, hieß es.
Die zweitgrößte Fürther Veranstaltung nach der Michaelis-Kirchweih keine Großveranstaltung? Einen Tag später nun machte Wirtschaftsreferent Horst Müller den Spekulationen auf FN-Nachfrage ein Ende. "Das Thema ist durch", sagt er, das Festival in der gesamten Innenstadt könne man beim besten Willen nicht unter die Schwelle für Großveranstaltungen diskutieren – wo auch immer die liegen werde. Nach Müllers Ahnung zwischen "100 und höchstens 500 Menschen".
Damit also besteht für die überaus beliebte Musiksause schon mal traurige Gewissheit. Doch wie sieht es mit der Michaelis-Kirchweih aus, nachdem Ministerpräsident Markus Söder bereits mehr oder weniger deutlich das Aus fürs diesjährige Oktoberfest verkündet hat? Das Münchner Millionenspektakel geht in etwa im selben Zeitraum über die Bühne wie die Fürther Kärwa.
Müller macht auch aus seinen massiven Zweifeln an deren Durchführbarkeit kein Hehl – aber er will zum jetzigen Zeitpunkt die Flinte noch nicht ins Korn werfen. Denn: Anders als die Münchner Wies’n, für die ein monatelanger Vorlauf erforderlich ist, könne die hiesige Kärwa binnen vier Wochen auf den Weg gebracht werden. Deshalb werde die Stadt erst in der ersten Septemberwoche entscheiden – die Kirchweih soll heuer am 3. Oktober beginnen.
Damit, so formuliert es Müller, bleibe "wenigstens ein Hoffnungsschimmer" – für die vielen Menschen, die sich aufs Fürther Herzensfest freuen, aber auch für die Schausteller, die die Krise neben den Gastronomen am heftigsten treffe. "Ein Jahr Berufsverbot" drohe ihnen und damit der Verlust der beruflichen Existenz. Die Stadt werde sich bemühen zu helfen, wo sie nur kann.
Das Gleiche gelte für die Gastronomen, denen die Kommune möglicherweise mit dem Erlass der Sondernutzungsgebühren für gepachtete Freiflächen unter die Arme greifen möchte. Das natürlich könne allenfalls der berühmte Tropfen auf den heißen Stein sein, denn vielen der rund 350 Fürther Betriebe mit Schankerlaubnis gehe es bereits elend, weiß Müller. Täglich bekommen er und seine Mitarbeiter die Klagen darüber zu hören, von früh bis spät werde die Beratungs-Hotline der Stadt in Anspruch genommen.
Deshalb zeigt Fürths Wirtschaftsreferent wenig Verständnis dafür, dass die Beschränkungen in der Gastro-Branche von Bund und Land nicht gelockert werden; "nicht nachvollziehbar" sei das für ihn. In seinen Augen wäre eine "schrittweise Öffnung" dringend geboten, wolle man nicht etliche Lokale in den Ruin treiben.
"Nicht überziehen"
Ebenfalls kritisch sieht Müller den bayerischen Sonderweg, demzufolge die meisten Läden mit einer Fläche bis zu 800 Quadratmeter, anders als im Rest von Deutschland, erst eine Woche später aufsperren dürfen – und nicht schon kommenden Montag. Regierungschef Söder müsse nun aufpassen, "dass man nicht überzieht", mahnt ihn sein CSU-Parteifreund Horst Müller.
Schon die gewählte Flächenbeschränkung will ihm nicht einleuchten. So gebe es 1500 Quadratmeter große Babyfachmärkte, in denen sich nie "mehr als zehn Menschen" gleichzeitig aufhalten, dafür aber andere Geschäfte unter der 800-Quadratmeter-Marke, die um ein Vielfaches stärker frequentiert seien.
Müller warnt vor den langfristigen Folgen immer weiter andauernder Restriktionen. "Es gibt da keinen Reset-Knopf – und danach strömen die Kunden gleich wieder", sagt er. Im Gegenteil: "Ganz lange" werde es dauern, bis die Geschäfte wieder laufen. Vor allem für die verbliebenen "kleinen, inhabergeführten Läden", die der Stadt "besonders am Herzen liegen", wie er versichert, werde es enorm schwierig, sich über Wasser zu halten.
Auch hier bemühe man sich, Hilfestellungen zu leisten – etwa, indem eine gemeinsame Plattform für den Online-Handel hiesiger Geschäftsleute geschaffen wird. Unter dem Strich seien die Möglichkeiten der Stadt, unterstützend einzugreifen, zwar sehr begrenzt, räumt Müller ein. Aber es gehe in diesen schweren Zeiten auch darum, Zeichen zu setzen und Mut zu machen. Denn: "Den Kopf in den Sand zu stecken, das ist keine Option."
Beratung für Einzelhändler und Gastronomen bietet die Stadt unter der Rufnummer 9 74 10 65 an, Unternehmen können sich unter der Nummer 9 74 12 73 melden.