Das Bürgerwindrad liegt voll im Plan
20.11.2011, 09:00 UhrDas Maskottchen, mit dem Wolfgang Siebert vor gut zehn Jahren um Mitfinanziers für das Windrad warb, steht noch immer auf seiner Fensterbank und dreht, von einer Solarzelle angetrieben, munter die Rotoren. Das Großformat auf der Anhöhe zwischen Vincenzenbronn und Vogtsreichenbach braucht keine Sonne, sondern Wind. Doch der ist unstet. Das hat dafür gesorgt, dass die Rotoren „nicht ganz so rund liefen wie gedacht“, so Sieberts Halbzeitbilanz. Speziell in den vergangenen drei Jahren lag die Windausbeute um bis zu 30 Prozent unter dem langjährigen Mittel. Zum Vergleich: 2007, dem bisher besten Windjahr, hat die Anlage allein im Februar 160000 Kilowattstunden Strom produziert, dieses Jahr waren es im gleichen Monat gerade 18000. Das schmälert die Einnahmen.
Kommt hinzu, dass sich der Anlagentyp nicht recht etablieren konnte am Markt. Der Hersteller, die Lübecker DeWind AG, ging Pleite, kurz nachdem sie das Windrad vom Typ D4 bei Vogtsreichenbach aufgestellt hatte. Die Geschäftsführer Wolfgang Siebert und Herbert Schuhmann mussten sich nach neuen Servicedienstleistern umtun. Doch die kennen die Anlage nicht so gut, das führte immer wieder zu Aussetzern. Im Frühjahr benötigte die Service-Crew einmal zwei Wochen, um einen eher simplen Fehler ausfindig zu machen. „Und solange steht das Windrad dann eben still“, so Siebert.
Für Schuhmann aber „alles halb so schlimm: Unterm Strich“, sagt er, „sind wir im Plan“. In bisher drei Ausschüttungen wurde sogar mehr an die Anteilseigner ausgezahlt, als bis dato geplant. Inzwischen haben die heute 165 Anteilseigner 30 Prozent ihrer Investition zurück. Die Ausschüttungen werden deutlich steigen — um die Einnahmen, die bisher zur Tilgung der knappen halben Million Mark an Fremdmitteln nötig waren. Seit diesem Jahr ist die Bürgerwindrad GmbH & Co.KG schuldenfrei.
Unverhoffte Mehreinnahmen konnten die unbeständigen Windverhältnisse ausgleichen. Zum einen verkauft die GmbH & Co. KG ihren Strom an die Naturstrom AG mit Sitz in Düsseldorf, die den Produzenten einen knappen Cent mehr je Kilowattstunde zahlt, als es die N-Ergie mit dem per EEG zugesicherten knapp neun Cent täte. Macht bei bis zu 650000 Kilowattstunden im Jahr zwischen 4000 und 6500 Euro mehr Einnahmen. Zum andern ist seit 2005 auf der Nabe ein Mobilfunkmast installiert, der Mieteinnahmen bringt.
Schuhmann und Siebert sind vorsichtige Geschäftsführer. Etwa 100000 Euro liegen als Polster für Reparaturen zurück. Die Geschäftsführer sind vorgewarnt. Nur drei Monate, nachdem das Windrad ans Netz gegangen war, schlug der Blitz in einen Rotor ein. Den Feuerwehrleuten blieb nichts anderes übrig, als vom Fuß des Stahlgiganten aus zuzusehen, wie das Rotorblatt über Stunden herunterschmorte. Bis auf über 70 Meter Höhe reicht kein Wasserstrahl.
Alle drei Flügel samt Nabe mussten ausgewechselt werden. Die Rechnung belief sich auf etwa 150000 Euro, wurde allerdings nach dreijährigem Hin und Her von der Haftpflichtversicherung und dem Hersteller übernommen. Reparaturkosten erreichen schnell schwindelnde Höhen. Auch der Rückbau der Anlage eines Tages will finanziert sein.
„Uns ging es nie um die höchstmögliche Rendite für die Anleger“, sagt Siebert. Heute geht das Geschäftsführer-Team von einer voraussichtlichen Ausschüttung bis 2021 aus, die „nicht üppig, aber auf jeden Fall über dem Zins eines Sparbuchs liegen dürfte“.
Für Siebert, der das Bürgerwindrad unter dem Dach des Bundes Naturschutz im Landkreis initiierte, ist entscheidend, „dass wir gezeigt haben, dass Windkrafterzeugung auch bei uns im Binnenland möglich und sinnvoll ist“. Für ihn ein „erster kleiner Schritt, um in die Energiewende zu starten“. Denn, so kurzfristig binnen zehn Jahren, wie von der Regierung derzeit geplant, ist der Umbau des Energie-Marktes seiner Einschätzung nach nicht zu stemmen.
Und mit den 1000 bis 1500 Windrädern, die laut Ex-Umweltminister Markus Söder in Bayern bis 2020 neu installiert sein sollen, sei das auch nicht zu schaffen. Ausgehend von den 412 Rädern, die in Bayern Strom produzieren (Stand Ende 2010) mit einer Gesamtleistung von 521 Megawatt, was ein Prozent des Stromverbrauchs deckt, wäre das ein Ausbau auf drei bis fünf Prozent, rechnet Schuhmann vor. „Das ist keine Energiewende, sondern ein Tropfen auf den heißen Stein“, meint er. Die weitaus größeren Herausforderungen sieht er im Energiesparen und in intelligenten Lösungen zur Steigerung der Effizienz vorhandener Ressourcen.
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