Das Spielzeugmuseum ruft
19.12.2013, 09:50 UhrDas Votum des Nürnberger Personalausschusses am vergangenen Dienstag war unmissverständlich: Auf der Suche nach einem Nachfolger für Helmut Schwarz, der Ende Oktober nach 19 Jahren als Chef des Spielzeugmuseums in der Karlstraße in den Ruhestand ging, fiel die Wahl auf Karin Falkenberg. Die zum Thema „Museum und Emotion“ habilitierte 43-jährige Nürnbergerin, die in Höfen aufwuchs und bei den Nürnberger Nachrichten eine kaufmännische Lehre machte, ist seit sieben Jahren im Rundfunkmuseum in der Kurgartenstraße stellvertretende Leiterin. Nach der vorzeitigen Beurlaubung von Gerd Walther — nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Stadt über den zukünftigen Kurs des Museums wurde er, wie berichtet, im Juni dieses Jahres ins Stadtarchiv versetzt — war sie kommissarische Chefin des Museums und hätte zum 1. Januar den Chefposten auch offiziell übernommen.
Falkenberg selbst spricht über die Berufung der Nürnberger gegenüber der städtischen Kulturreferentin Elisabeth Reichert (SPD) von einem „hochattraktiven Angebot mit persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten“. Im Gespräch mit unserer Zeitung klingt das so: „Es war überhaupt keine Frage, dass ich das annehme.“ Das Spielzeugmuseum, in dem sie schon als Kind unzählige Stunden verbracht habe, genieße Weltruf, „da ist nun wirklich ein Traum für mich wahr geworden“.
Für die Kulturreferentin eher nicht. „Völlig überrascht“ sei sie gewesen, als Falkenberg sie über das Ergebnis der Nürnberger Personalausschuss-Sitzung ins Bild gesetzt habe, sagt Reichert gegenüber den FN. In die sehr beliebte, als unkompliziert und sympathisch geltende Wissenschaftlerin — sie promovierte in Halle an der Saale und ist seit 2012 Lehrbeauftragte für Medien und Museumswissenschaft an der Kadir Has Universität Istanbul — sowie Mutter zweier Kinder hatte nicht nur das Kulturreferat alle Hoffnungen gelegt. Aus guten Gründen, denn das Verhältnis zwischen Stadt und Museums-Gründer Walther war 25 Jahre lang von einigen Zerwürfnissen und juristischen Scharmützeln geprägt.
Nur eine kleine Großstadt
„Es ist für mich natürlich ein Wechsel zum falschen Zeitpunkt“, so Reichert, die mit der Personalie Falkenberg die erste herbe Niederlage als städtische Kulturreferentin hinnehmen muss, seit sie das Amt vor bald drei Jahren antrat. Nun muss sie so rasch wie möglich nicht nur den Posten des Leiters neu besetzen, sondern auch den des stellvertretenden Leiters. Aus ihrem Herzen macht sie denn auch keine Mördergrube. Reichert: „Man baut gute Leute auf, stärkt ihnen den Rücken, aber bei solchen Personalentscheidungen stößt man an seine Grenzen, weil man hier wieder merkt, dass wir doch nur eine kleine Großstadt sind.“
Wobei ein Begriff wie „Großstadt“ unbestätigten Angaben zufolge durchaus auch auf das Gehalt der künftigen Spielzeugmuseums-Chefin anspielt. Falkenberg hätte im Rang einer Museumsleiterin in Fürth ein Entgelt bekommen, das in Nürnberg auf dem Niveau eines Sachbearbeiters im Kulturamt liegt. Grund: der strikte Sparkurs der Kleeblattstadt oder, wie Reichert es nennt, „Strukturen, die andere geschaffen haben und für die ich nicht verantwortlich bin“.
Am Montag sowie am gestrigen Dienstag versuchten Reichert und Stadtarchivar Martin Schramm nach Rücksprache mit Personalreferentin Stefanie Ammon Falkenberg prompt mit einem „deutlich verbesserten, hochattraktiven Angebot“ (Reichert) in Fürth zu halten — vergeblich. Schramm selbst wird zum 1. Januar, wie berichtet, auch Dienststellenleiter des Rundfunkmuseums, kümmert sich jedoch um die Verwaltungsangelegenheiten des Hauses, nicht um inhaltliche Konzepte. Gesucht: Zwei Neue für die Inhalte. Eine externe Ausschreibung ist in Planung, wie die Referentin („Wir brauchen jetzt eine stabile Übergangslösung“) bestätigt.
Tolles Team
Das vor 25 Jahren im Marstall des Burgfarrnbacher Schlosses gegründete Rundfunkmuseum der Stadt gilt als größtes medienhistorisches Museum im deutschen Sprachraum, das 2012 19000 Besucher hat und damit in Sachen Beliebtheit unter den Fürther Museen mit Abstand an der Spitze liegt. Derzeit hat es fünf Festangestellte, zehn geringfügig Beschäftigte drei Dutzend Ehrenamtliche und mit rund 500 Mitgliedern einen imposanten Förderverein. Falkenberg: „Es ist ein tolles Team, wir arbeiten seit einem halben Jahr intensiv und demokratisch-konstruktiv“, allein zwischen Juni und dem Jubiläumsfest am 3. November habe es acht Großveranstaltungen in der alten Grundig-Direktion in der Uferstadt gegeben, wo das Museum seit 2001 residiert.
Sie gehe „mit Schwermut“, bekennt Falkenberg, sieht aber auch: „Das Haus ist schwierig. Es liegt in der zweiten Reihe (ein Umzug in die mitten in der Stadt gelegene Central-Garage, der im Stadtjubiläumsjahr 2007 zur Debatte stand, wurde von Walter abgelehnt, FN), es wird von vielen leider immer nur mit ,Technik’ assoziiert, und es ist vergleichsweise jung.“ Mit Falkenbergs Wechsel nach Nürnberg, wo man sie am liebsten morgen schon im Spielzeugmuseum Platz nehmen sähe, ist in den nächsten Wochen zu rechnen.
Das Amt der Rundfunkmuseums-Leiterin zum 1. Januar wird Karin Falkenberg nicht mehr antreten; die restliche Zeit im Haus werde sie „in beratender Funktion“ verbringen. Doch wer auch immer ihr nun nachfolgt, dem oder der legt sie ans Herz: Passt gut auf dieses Haus auf, es ist liebenswert und bezaubernd. Passt auf, dass es in zärtlichen Händen liegt.“
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