Denkmalstadt hat sich gemausert
4.1.2007, 00:00 UhrDazu gehört der noch immer nicht gestoppte Verfall des historischen Lokschuppens hinter dem U-Bahnhof Stadtgrenze. «Die Stadt wird von der Immobiliengesellschaft der Bahn regelrecht vorgeführt», ärgert sich Mayer über die Weigerung, trotz wiederholter Aufforderung die dringend notwendige Dachreparatur vorzunehmen. Vorschläge von Eisenbahnfreunden, das Baudenkmal ins Windsheimer Freilandmuseum oder an die Stelle des abgebrannten Nürnberger Lokschuppens zu versetzen, sieht Mayer nur als Notlösung an.
Die «Denkmalstadt», wie Fürth mit touristischen Hinweisschildern an Schnellstraßen bezeichnet wird, kann in Mayers Augen vor allem mit dem nun rundum sanierten Rathaus, dem jetzt auch äußerlich aufgemöbelten Theater und dem renovierten Kirchturm von St. Michael glänzen. Gerungen wird noch um zwei Ziervasen, die wie früher den Theatergiebel schmücken sollen.
Der Baukunstbeirat wollte dem vom Architekten vorgeschlagenen modernen Design kein grünes Licht geben. Auch der Stadtheimatpfleger plädiert für eine Rekonstruktion nach historischem Vorbild. Dass sich der Reiz vieler Fürther Baudenkmäler in der Regel erst auf den zweiten Blick erschließt, kommt für Mayer beispielhaft im 1862 errichteten Altbau Pfisterstraße 6 zum Ausdruck. Hier betrieb Johann Andreas Kurz einst eine Metallschlägerformenhandlung. In einem Anbau wurde die Blattgoldfabrik Kurz eingerichtet. Bemerkenswert ist vor allem die dekorative Treppenhaus-Bemalung.
Aber auch die aus Berliner Lagerbeständen besorgten Metallblenden (Schabracken oder Lambrequins genannt) für die Rollladenkästen wertet Mayer als großes Plus der sorgfältigen Gebäuderestaurierung. Schließlich waren solche Blenden einmal typisch für viele Altbauten in der westlichen Innenstadt.
Zu den größten Leistungen, die private Bauherrn auf dem Gebiet der Denkmalpflege beitragen, gehört für den Heimatpfleger die bereits seit zwei Jahren laufende Restaurierung der Ritzmannshofer Zenn-Mühle aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Aus derselben Zeit stammt auch das unter bambergischen Schutz am Eingang der Helmstraße errichtete «Judenhaus», das die städtische Wohnungsbaugesellschaft vergangenes Jahr dem Verfall entrissen hat. Lediglich der blaue Sockel passt nach Mayers Ansicht nicht so recht ins historische Bild.
Schmucke Schindeln
Prinzipiell gelungen sei auch die Renovierung des arg heruntergekommenen Wohnhauses Gustavstraße 43. Zur Fassadenverkleidung hatte der Eigentümer nach altem Vorbild Schiefer-Schindeln aus Thüringen verwendet. Dass zur zeitgemäßen Nutzung des Gebäudes einige Kompromisse nötig waren, ist für den Heimatpfleger verschmerzbar.
Bedauerlich sei, dass der Altstadtverein keinen Zuschuss zur Kirchturmrenovierung von St. Michael leisten konnte. Die Barschaft der Organisation wurde durch eine 40 000 Euro teure Dachsanierung der vereinseigenen ehemaligen Freibank am Waagplatz restlos aufgezehrt.
«Zur Turmuhrensanierung hatten wir 1997 noch 13 000 Mark beisteuern können», erinnert sich Mayer, der auch den Altstadtverein leitet. Zum Glück hätten die Einnahmen aus dem Altstadtweihnachtsmarkt die dramatische Ebbe aus der Vereinskasse wieder vertrieben.
Nicht ideal ist für Mayer die Gestaltung der Billinganlage, die - wie berichtet - einen modernen figürlichen Brunnen erhalten soll. Nur zähneknirschend willigte der Heimatpfleger ein, damit der Platz weiter aufgewertet werden kann.
Protest gegen Neubau
Zu den schlimmsten Entwicklungen zählt der Fachmann den modernen Neubau in der Ludwig Erhard Straße. «Dass so etwas ausgerechnet im Jubiläumsjahr der Denkmalstadt gebaut wird, spricht allen Lippenbekenntnissen zur Pflege des historischen Erscheinungsbildes Hohn.»
Noch schlimmer als das geplante Hotel am Rathaus sei dieser Baukörper. Über 700 Unterschriften hat Mayer gegen das Projekt in kurzer Zeit gesammelt. Übergeben will er sie in der nächsten Stadtratssitzung am 17. Januar. Dann wird der Stadtheimatpfleger auch offiziell Bilanz über den Denkmalschutz 2006 ziehen und vor Fehlentwicklungen warnen.