Die Beständigkeit des unaufhörlichen Wandels
23.2.2018, 19:05 UhrDunkel muss es sein. Gegen Ende des Tages ist deshalb die beste Zeit gekommen, die schwere Tür zu öffnen und in den Kirchenraum einzutreten. Konturlose Schatten empfangen den späten Besucher und ein Licht, das keinen Ursprung und kein Ziel zu haben scheint, aber einen eigenen Klang . . .
Die Installation, die die Malerin Sascha Banck und der Musiker Johannes Brinkmann in Fürths ältestem Kirchenbau eingerichtet haben, wirkt auf verblüffende Weise intuitiv. Sie fügt sich mit einer Selbstverständlichkeit ein, die jeder Art von Effekthascherei eine Absage erteilt. Das geht so weit, dass beim Schauen und Hören völlig nebensächlich wird, wie diese duale Anordnung aus abstrakter Malerei und Musik überhaupt möglich wird.
Nahezu unsichtbar ist zum Beispiel der schmale, aber hohe Aufbau, an dem fünf lange Bahnen aus sehr dichtem Tüllstoff befestigt sind. Die knapp acht Meter hohen transparenten Gewebe wurden auf der Höhe der Kanzel angebracht, an jener Stelle, die den Altarraum vom Kirchenschiff trennt, und dienen nun als durchlässige Ziele einer von Sascha Banck gestalteten Projektion. Dabei agieren mehrere unterschiedliche figurale Stränge nebeneinander, empfangen Signale, mischen sich, reagieren, erleben Anziehung und Abstoßung, bis sich Neues entwickelt hat.
Kongenial verbindet sich mit dem optischen Reiz der akustische, den Johannes Brinkmann geschaffen hat. Stetig pulsierende Einheiten bilden eine Art von Basis, auf die individuelle Klangfiguren in unregelmäßigen Abständen treffen. Der Schlagzeuger Axel Dinkelmeyer spielte an Woodblocks, Tomtoms und großer Trommel die Komposition ein. Werke von Brinkmann, Dozent für Musiktheorie an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik Bayreuth, werden schon seit 1988 in Konzertsälen, Rundfunk und Kirchen aufgeführt. Darüber hinaus ist er als Organist und Cellist tätig.
Banck und Brinkmann präsentieren bereits zum zweiten Mal gemeinsam eine Installation in und für St. Michael. Vor zwei Jahren begeisterten sie mit "Luftschloss: Variable Utopie" viele Besucher. Im Mittelpunkt stand dabei eine Auseinandersetzung mit der biblischen Geschichte vom Turmbau zu Babel, ein Motiv, das ihnen im Rahmen der Reformationsdekade zur freien Gestaltung gegeben worden war.
"Diesmal haben wir sogar noch intensiver zusammengearbeitet", sagen die beiden Künstler jetzt. Das aktuelle Werk sei quasi gleichzeitig, in ständiger Absprache und Verständigung entstanden. In einem ersten Schritt schufen sie eine in sich aufbauende Struktur, die dann jeweils musikalisch und bildnerisch gestaltet wurde. Sascha Banck, Kulturförderpreisträgerin der Stadt Fürth 2008, gehört längst zu den vielbeachteten Namen nicht nur in der Region. Für "Die ewige Metamorphose" formte sie am Computer insgesamt 15 geometrische Muster, die der Betrachter nun als eine Art von Endlosschleife erlebt.
Die sich fortlaufend verändernden Linien greifen auf unmissverständliche Weise das große Thema auf: Eine scheinbar etablierte Form gerät plötzlich unter Druck, weil sich etwas Neues entwickelt und ausbreitet. In leuchtendem Rot setzt die hinzugekommene Struktur der etablierten zu, solange bis beide eins zu werden scheinen und sich im Gleichklang gegen die nächste Veränderung stemmen . . . Auf ewig, so wie es aussieht.
"Die ewige Metamorphose": St. Michael (Kirchenplatz). Sonntag, 4. März, gibt es um 20 Uhr ein Künstlergespräch. Bis 11. März täglich 16-22 Uhr.
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