Die blaue Uniform findet rasch ihre Fans
9.8.2014, 11:00 UhrPeter Messing war dabei, Mitte der 70er Jahre, als die bayerische Polizei zum letzten Mal neu eingekleidet wurde: mit moosgrünen Jacken, beigen Hosen und senfgelben Hemden. „Das war damals aus deren Sicht modern“, sagt Fürths Polizeichef zunächst gewohnt diplomatisch. Doch bei diesem Thema lässt sich Messing schnell zu mehr Emotionalität hinreißen: Wie er die Umstellung persönlich fand? „Es war schrecklich! Ein Kulturschock!“
Der Name des Designers Heinz Oestergaard, eng verbunden mit der Kleeblattstadt, schwirrte damals durch die Medien: Oestergaard, Modeverantwortlicher bei Quelle, schuf das deutschlandweit einheitliche Erscheinungsbild der Polizei. Mittlerweile haben sich alle Bundesländer bis auf Bayern davon wieder verabschiedet, als Erste kehrten die Hamburger zur blauen Uniform zurück.
Auch Messing trug – als Beamter der Nürnberger Stadtpolizei – vor Oestergaards großem Wurf blau: „Mir hat das schon immer besser gefallen.“
Blau oder grün, das ist jetzt wieder die Frage. Das Innenministerium will endlich auch Bayerns Polizisten eine neue Garderobe verpassen und geht die Aufgabe äußerst ambitioniert an: Uniformen der deutschen Kollegen, aus Österreich, Italien und der Schweiz hat man sich angesehen – die überzeugendsten Kleidungsstücke werden nun bei einem breit angelegten „Trageversuch“ von 500 Beamten getestet. Es geht dabei freilich um mehr als die Farbe: Zum Beispiel darum, auch der Polizei funktionale Outdoorkleidung zum Schutz vor Wind und Wetter zu gönnen – statt Blousons und Lederjacken. Und den Frauen Dienstkleidung, die gut sitzt und für die sie sich nicht schämen müssen.
Seit 1990 sind Frauen bei der Polizei. Und ziemlich 90er-Jahre-mäßig, so drückt es Fee von Poswik, Polizeiobermeisterin in Fürth, vorsichtig aus, sehen bis heute die Hosen aus, die ihr und den Kolleginnen angeboten werden. Die Uniformen seien seit den Anfangstagen kaum verändert worden. „Viele Frauen nehmen lieber die Männerhosen“, sagt die 27-Jährige.
Sie zumindest kann darauf jetzt verzichten: Sie gehört – als einzige Frau – zu den vier Beamten in Fürth, die die neue Uniform zur Probe tragen. Ihr erster Eindruck: „Man schaut in den Spiegel und nimmt sich gleich ganz anders wahr. Moderner, selbstbewusster.“ Figurnäher sind die Hosen und Blusen geschnitten. Gleich die erste Kollegin auf dem Gang ruft von Poswik ein „Fesch!“ entgegen. Die Angesprochene lächelt. „Wenn man sich wohl fühlt“, sagt sie, „strahlt man das auch aus.“ Auf neugierige Blicke muss sie sich gefasst machen: Geht sie auf Streife, trägt der Kollege neben ihr grün – ein Anblick, der Passanten fesselt.
Auch Polizeihauptkommissar Joachim Roder gehört zum Fürther Versuchsquartett. Seit Freitag hat der 43-Jährige schon vielen Kollegen „Interviews“ geben müssen, wie sich die neue Uniform – es ist die aus Österreich – anfühlt. Gern lässt er sie auch mal in die diversen Jacken schlüpfen.
„Angenehm“ und „optisch ansprechend“ seien die Teststücke, urteilt Roder. Auch am Samstag, beim Einsatz während des Protest-Picknicks in der Gustavstraße, trug er blau. Mehrfach sei er angesprochen worden: „Die einen meinten: ,Mensch, es wird Zeit, dass ihr mal eine gescheite Uniform bekommt!‘ Die anderen wussten von dem Versuch noch nichts.“
Dass die Zeit reif ist für eine neue Kollektion, für moderne Materialien, bestätigen auch Polizeichef Messing und sein Stellvertreter Gernot Rochholz. Das bisherige Hemd etwa ist aus Polyester, schnell kratze da der Kragen, wenn man eine Krawatte oder Jacke trägt. Das neue, schwärmen sie, sei aus Baumwolle.
Auch Roders Hose mit den Cargotaschen gefällt ihnen gut. Die beige, die sie anhaben, sieht doch sehr nach einem Bürojob aus. Und die Outdoorjacke der Österreicher würde Messing sofort seiner schwarzen Lederjacke vorziehen, sagt er. Wobei er weiß, dass manche Kollegen, gerade in München, an der Lederjacke hängen. Es sei daher denkbar, dass sie in die neue Kollektion mitaufgenommen wird.
Er habe sich an seine grünen Sachen gewöhnt, sagt Messing. Aber schick sei die neue blaue Variante schon . . . 2016 könnte sie kommen – vermutlich zu spät für Messing, der aktuell 60 Jahre alt und dann wohl schon im Ruhestand ist.
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen