Die Fürther feiern eine rauschende Ballnacht
17.4.2012, 11:00 UhrBöller markieren den Beginn einer neuen Fürther Fußball-Zeitrechnung, Raketen steigen in den Nachthimmel, Tausende liegen sich freudetrunken in den Armen, Autokorsos machen sich hupend auf den Weg: Eine rauschende Ballnacht ist angebrochen, eine Stimmung wie sonst höchstens an Silvester legt sich über das Zentrum der Stadt. Und immer wieder stimmt ein mächtiger Chor an: „Nie mehr zweite Liga!“
Gestandenen Männern kullern in der proppenvollen Gustavstraße die Freudentränen über die Wangen, Kinder, die eigentlich längst ins Bett gehören, stoßen mit ihren Eltern zur brodelnden Masse in der Amüsiermeile, in deren Kneipen viele das entscheidende Spiel von Konkurrent Düsseldorf in Dresden vor den TV-Geräten verfolgt haben. Diesen historischen Moment will sich keiner entgehen lassen, der sich dem Verein verbunden fühlt — und auch manche, die erst seit kurzem auf der Euphoriewelle Richtung Erstklassigkeit mitschwammen, reihen sich ein.
Jürgen Timm, gebürtiger Schwabe und seit 30 Jahren in der Kleeblattstadt daheim, traut seinen Augen und Ohren nicht: „Dieses Emotionale hätte ich den Fürthern nie zugetraut“, sagt er. Einer, dem die Emotionen ins Gesicht geschrieben stehen, ist Oberbürgermeister Thomas Jung. „Überwältigt vor Dankbarkeit“, sei er, sagt der Rathauschef auf dem Flur des „Gelben Löwen“, wo er den Abend vor dem Fernseher erlebt hat — und wo er, wie der gläubige Christ zugibt, ein paarmal still gebetet hat für seinen Verein und seine Stadt, der nun ungeahnte Popularität ins Haus steht.
Den wacker kämpfenden Kickern von Dynamo Dresden will Jung „ein Dankesschreiben und drei Kästen Grüner“ zukommen lassen. Draußen wird es unterdessen voller und voller, immer mehr Menschen wollen in die Gustavstraße, mittendrin Auferstehungspfarrer Wolfgang Vieweg. „Immer waren wir die graue Maus, jetzt sind wir auch mal in der ersten Reihe“, jubiliert er und spricht damit den meisten leidgeplagten Fürther Fußballfans aus der Seele.
Wie etwa Sepp Körbl, SPD-Fraktionschef im Fürther Rathaus. Still steht er am Rande der Masse und kann es noch gar nicht fassen. „Die Niederungen der Landesliga“ habe er mitgemacht, sei zum Auswärtsspiel nach Kareth-Lappersdorf gefahren und nach Zirndorf gelaufen — und jetzt das. Unfassbar, wie gesagt, zumindest vorerst. Das wohl schönste Geburtstagsgeschenk war der Aufstieg für Norbert Reichardt: Der langjährige Kämmereichef der Stadt Fürth, seit kurzem in Ruhestand, wurde just gestern 63, aber nichts hielt ihn mehr daheim: Mit dem Segen seiner Frau fuhr Reichardt, „Kleeblatt-Fan seit ich laufen kann“, zum Feiern in die Altstadt. Die schönste Nacht seines Lebens? „Gleich nach der Hochzeitsnacht“, sagt er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.
Man wird sich in Fürth in den nächsten Wochen an diesen Gesichtsausdruck gewöhnen müssen.
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