Die Galerie, die niemand braucht
7.4.2010, 00:00 UhrHilde Langfeld mischt sich ein, wo Frauen benachteiligt sind, im Schatten stehen, Förderung brauchen und Schutz - das ist gut und leider immer noch unverzichtbar. Und es ist gut, dass Langfeld umtriebig ist dort, wo es nur geht, und unbequem dort, wo es nötig ist. Ihr Einsatz für eine Frauengalerie aber ist Aktionismus aus Unkenntnis.
»Liebe Frauen», so hebt Langfeld in ihrem Schreiben an, »die Fürther Kunstszene ist nach wie vor männerdominiert und Künstlerinnen ohne akademische Vorbildung haben kaum eine Chance, in Fürth Fuß zu fassen». Man muss befürchten, dass Langfeld das ernst meint.
Von der Kulturszene spricht sie wohlweislich nicht. In diesem Fall wäre rasch erzählt, dass anno 2010 Kulturamt, Jüdisches Museum Franken, Kulturforum, Kirchenmusiktage, Kultursalon Fürth, Comödie - ja, eine Direktorin gibt es dort - und Stadtpark-Freilichtbühne fest in Frauenhand sind. Ein »Museum Frauenkultur», das im ehemaligen Marstall des (bis neulich von einer Frau geführten) Burgfarrnbacher Schlosses vor sich hin tüftelt, ist es auch. Im Rennen der Bewerber um die Nachfolge des Kulturreferenten sind Frauen in der engeren Wahl.
Und die Kunstszene? Männerdominiert soll sie sein. Dabei hat doch Haselmayer selbst mit nicht nachlassender Energie die Fürther Initiative »Kunst in der Stadt» aus der Taufe gehoben, um auch und vor allem den Nicht-Akademikerinnen eine Chance zu geben. Diese Chance kriegen sie jedes Jahr und im Kunstraum Rosenstraße sowieso. Das Atelier-Wochenende von »Kunst in der Stadt» ist - ob es den Profis passt oder nicht - zu einer Veranstaltung ausgewachsen, die Hunderte Besucher auf Trab hält. Männerdominierte Kunstszene? Kein Mann hat Haselmayer und ihre Gruppe in die Schranken gewiesen, schon gar nicht der Kulturreferent. Was fehlt denn noch zum Frauenglück?
Und wenn der Kunstraum Rosenstraße nun zur »Galerie für zeitgenössische Frauenkunst» wird, dann wüsste man doch gern, wo in Fürth die Galerie für zeitgenössische Männerkunst steht. Vielleicht kommt sie ja noch. Spätestens dann würde man des Irrsinns gewahr, dass in Fürth mit rund 30 Jahren Verspätung tatsächlich noch einmal jemand mit einer Extradosis Ideologie-Altöl im Tank und mit wenig Argumenten die »Frauen sind überall benachteiligt»Ehrenrunde drehen möchte.
Aber für Ahnung kann man sorgen - durch Fakten. Zum Beispiel diese: Die jüngsten Kulturförderpreise für Bildende Kunst nahmen 2008 (Sascha Banck) und 2006 (mit Elke Fenneteau und Sabine Härting gleich zwei) Frauen entgegen. Hände hoch, wer damals Langfeld im Stadttheater sitzen sah. Der bislang letzte förderpreiswürdige Mann, Paul Teutsch, kam 2005 zu Ehren. Freilich ging der große Kulturpreis 2009 an Oliver Boberg; aber wer will ernsthaft bestreiten, dass kein Fürther Künstler dieser Auszeichnung würdiger ist als der international begehrte Boberg? Übrigens, die erste Frau, die den großen Kulturpreis der Stadt entgegennahm, kam aus der Sparte Bildende Kunst - Atsuko Kato 1993.
Die »männerdominierte» Kunstszene in Fürth, so schaut sie aus: Den Kulturring C, einflussreichste Vereinigung akademischer Künstler der Stadt, leiten seit vergangenem Herbst gleichberechtigt zwei Männer und zwei Frauen. Die tadellos arbeitende kunstgalerie fürth am Königsplatz leitet ein Mann, der schon deshalb kein »Eintritt für Frauen verboten»-Schild ans Türchen hängt, weil ihm ein Frauenteam zur Seite steht. Allein in dieser 14. Kalenderwoche 2010 gibt es in Stadt und Landkreis 14 Ausstellungsplätze für Kunst. In neun von ihnen stellen Frauen aus.
Noch ein kurzer Blick auf die semiprofessionelle Szene der Stadt: La Galleria in der Bäumenstraße, die Ausstellungen der Volkshochschule, die neue »Galerie der unbekannten Künstler» in der Gustavstraße - hier führen überall Frauen Regie. Was kommt dabei heraus? Nicht die bessere Kunst, nicht die schlechtere. Und was kommt heraus, wenn sich die Gleichstellungsbeauftragte vor den PR-Karren einer Jeanne d’Arc der scheinbar Entrechteten spannen lässt? Blühender Unsinn. MATTHIAS BOLL