Westwinkel
Ein kleines Viertel entsteht auf der Fürther Norma-Brache
7.5.2020, 14:38 UhrMan kennt das inzwischen zur Genüge: Fürths Stadtoberhaupt neigt dazu, in Superlativen zu schwelgen, wenn es um Fürth geht. In diesem Fall aber kann man Thomas Jung kaum widersprechen: Beim Projekt des Evangelischen Siedlungswerks (ESW) auf dem früheren Gelände des Discounters Norma handelt es sich um die wohl bedeutendste und größte Wohnbaumaßnahme im Stadtgebiet für lange Zeit.
Schon deshalb, weil sich so viel freier Platz nirgendwo auftun dürfte. 190 Mietwohnungen und 45 Eigenheime entstehen binnen der nächsten zwei bis drei Jahre, samt Tiefgarage, Kita, zwei öffentlichen Spielplätzen und Straßen. Fast ein kleines Stadtviertel für sich, gut 600 Menschen werden hier leben. Gesamtvolumen laut Investor: 55 Millionen Euro. Ganz vorne plant zudem die Firma Uvex einen Gebäuderiegel. Wann er realisiert wird, ist indes noch ungewiss.
Das Gelände an Würzburger Straße und Hansastraße, rund 30.000 Quadratmeter groß zwischen Hardhöhe und Unterfarrnbach gelegen, wurde frei, als Norma seinen bizarr verschachtelten Firmensitz aufgab, um im nahen Gewerbegebiet Hardhöhe West opulent neu zu bauen. Auf einen Schlag ergab sich eine ungeahnte Entwicklungschance auf der entstandenen Brache.
Den Zuschlag bekam 2015 das ESW Bayern, mit dem die Stadt schon andernorts in Fürth gute Erfahrungen gemacht hatte und dem man als kirchlich-sozial orientiertem Unternehmen eher als anderen zutraute, das Gewünschte zu erschaffen: Wohnraum nämlich, der auch für sozial Schwächere und Menschen mit schmalerem Geldbeutel erschwinglich sein kann.
In vollem Gang
Inzwischen ist das Baugeschehen für alle Welt sichtbar in vollem Gang, schon im Dezember sollen drei sogenannte Punkthäuser im hinteren Teil des Areals mit je fünf Stockwerken bezugsfertig sein. Wohnungen mit zwei bis vier Zimmern bieten sie – darunter jeweils als besonders attraktiv beworbene, zweigeschossige Maisonette-Appartements ganz oben.
Über "halb Fürth" schaue man von dort aus, schwärmt Robert Flock. Dem ESW-Geschäftsführer, als Architekt für dieses derzeit größte Vorhaben seines Unternehmens in ganz Bayern zuständig, ist die Zufriedenheit über den zügigen Fortgang anzumerken, wenn er den Blick übers Gelände schweifen lässt.
Mitte nächsten Jahres sollen auch die anderen Punkthäuser mit ähnlichen Dimensionen fertig werden, insgesamt bieten diese acht Baukörper dann 91 Wohneinheiten. Flächen- und kostenmäßig habe man, so Flock, ein "möglichst breites Spektrum" angestrebt; der Durchschnittspreis pro Quadratmeter werde bei rund zehn Euro liegen. Angemessen für Lage und Umfeld, wie er findet.
Jene beiden Elemente, mit denen das Siedlungswerk zum einen sozial, zum anderen ökologisch besonders punkten möchte, finden sich in den restlichen Bereichen des Areals: zum einen zwei Baukörper entlang der Würzburger Straße mit 61 Sozialwohnungen, ein Pilotprojekt im Rahmen des Programms "Experimenteller Wohnungsbau", das der Freistaat aufgelegt hat. Untergebracht werden hier darüber hinaus eine Unterkunft für elternlose Jugendliche und eine dreigruppige Kita, beides in Kooperation mit den Rummelsberger Anstalten.
Quer gegenüber, zur Hansastraße hin, ist das Öko-Vorzeigeprojekt mit weiteren 38 Wohnungen geplant, streng nachhaltig zertifiziert und mit einem "optimierten Konzept für die Wärmeversorgung", so Flock.
"Alles einvernehmlich"
In zweieinhalb Jahren rechnet der Architekt mit der Fertigstellung dieses ehrgeizigen Einzelvorhabens. Schon ein Jahr früher sollen laut Zeitplan die Reihenhäuser mit 45 Eigenheimen auf der anderen Seite der Hansastraße, Richtung Westen, bezugsfertig sein. Im Herbst werde man mit dem Bau beginnen, 110 bis 130 Quadratmeter Wohnfläche sollen sie haben und ebenfalls "bezahlbar sein", so der Anspruch des ESW.
Fürths Oberbürgermeister lobt das Wohnbauunternehmen in den höchsten Tönen, alles sei "einvernehmlich mit der Stadt" angepackt worden. Anfangs habe das ESW sogar noch deutlich kleiner geplant, auf Bitte der Stadt entstünden, so Jung, nun wesentlich mehr Wohnungen, auch für sozial Schwache.
Anwohner wehrten sich vehement
Die Lage sei "urban", mit Schulen und U-Bahn-Anschluss im Umfeld. Aber auch ins Grüne, zum Farrnbachtal, habe man es nicht weit. Probleme mit Anwohnern gab es dennoch, zu mächtig ragten ihnen die Mehrfamilienhäuser vor ihrer Haustür auf. Man sei ihnen weit entgegengekommen, beteuern Flock und Jung, doch befrieden habe man sie auch mit einem Gutachten zur Verschattung nicht können. So recht einleuchten will beiden der vehemente Widerstand nicht. Zuvor, so Jung, hätten die Anwohner auf eine "hanebüchene Gewerbelage" geblickt, jetzt werde das doch erheblich besser.
Das freilich dürfte, im wahrsten Sinne des Wortes, vermutlich Ansichtssache sein . . .
4 Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen