Ein Tanz geht mit dem Vollmond um die Welt

26.8.2012, 19:00 Uhr
Ein Tanz geht mit dem Vollmond um die Welt

© Thomas Scherer

Die Füße fest auf dem Boden, den Kopf im unendlichen Himmel und die Hände frei zum Handeln: So stehen die rund 20 Tänzerinnen und Tänzer auf dem Podium am Zusammenfluss von Pegnitz und Rednitz und lassen sich von Gabi Danneil das Ritual erläutern. Der Ulmentanz geht auf eine Initiative der amerikanischen Öko-Philosophin und Religionswissenschaftlerin Joanna Macy zurück, die damit auf das Leid in der verstrahlten Umgebung des havarierten russischen Atommeilers von Tschernobyl reagierte. Im Tanz fand Macy Zugang zu den dort lebenden Menschen. Sie entwickelte einen Fachbereich namens Tiefenökologie.

Aber nicht nur die Bedrohung der Lebensgrundlage durch Atomenergie steht im Fokus. Auch gegen andere Fehlentwicklungen für die Menschen und Umwelt richtet sich der Ulmentanz. Beim jüngsten Treffen waren Tänze zum Beispiel den Leidenden in Syrien und den Kindern gewidmet, die einmal nicht mit den Folgen unverantwortlicher Politik und Raubbaus an natürlichen Ressourcen kämpfen sollen. Es ist kein offener Protest, wie die Montagsdemos am Bahnhofplatz nach dem GAU von Fukushima, sondern eine subtile Art von Demonstration. Beflügelt von der Vorstellung, dass der Ulmentanz mit dem Mond die Erde umrundet und die Teilnehmer zu einer globalen Gemeinschaft verbindet.
 

Einfaches PRinzip


Das Prinzip des Tanzes ist simpel: jeweils vier Schritte zurück, vorwärts, zur Mitte und wieder nach außen, dazwischen je vier Wiegeschritte. Die Musik dazu kommt von der lettischen Rockband Perkons (Donner) mit Sängerin Ieva Akuratere: Ein Lied an Mutter Erde. Perkons gehörte zu den Sprachrohren des unblutigen Befreiungskampfes vom Joch der Sowjetunion.

Prägnante Parolen bleibt der Liedtext schuldig. Nicht jedoch Stimmung, auf die es beim Ulmentanz in erster Linie ankommt. Stimmung, die verbindet und im Bemühen für eine lebenswerte Welt stärkt. Seinen Ursprung hat der Ulmentanz in der Alternativmedizin der Bachblüten-Therapie. Sie nutzt die Heilkraft stark verdünnter Blütenessenzen aus und strebt zur Heilung von Krankheiten eine Harmonisierung der Gemütszustände an. Der Ulmenblüte werden Kräfte zur Stärkung von Absicht und Erinnerung beigemessen.

Die Erfahrung von Tschernobyl hat auch die Fürtherin Danneil aufgebracht. „Mein Sohn war gerade ein Jahr alt und krabbelte über die Wiese“, erinnert sie sich an den GAU. Wie sich herausstellte, hatte die radioaktive Wolke längst Mittelfranken und die Krabbelwiese erreicht. Wie viele andere Eltern bestellte auch Danneil zur gefahrlosen Kinderernährung Milchpulver aus der Produktion vor dem GAU. Nachdem sie von Macys Initiative erfahren hatte, organisierte sie Ulmentänze in Nürnberg und Fürth — zwei Monate bevor in Fukushima erneut Atomkraftwerke mit unabsehbaren Folgen havarierten.
 

Reizvoller Schauplatz


Früher wurde häufig im Pavillon der Adenaueranlage getanzt, seit einigen Monaten bevorzugt am Zusammenfluss. „Flussmündungen waren im keltischen Kulturkreis heilig“, erklärt Danneil den spirituellen Reiz des Orts. Einen zauberhaften Sonnenunter- und Mondaufgang erlebten die Tänzer beim jüngsten Zusammentreffen.

Viele Teilnehmer sind Stammgäste, doch es stoßen immer wieder neue dazu. Eine Rekordmarke mit über 100 Teilnehmern wurde beim Zusammentreffen des Ulmentanzes mit dem Community Dance der Fürther Künstlerin Jutta Czurda erreicht.

Gabi Danneil möchte mit dem nun schon etablierten Ulmentanz auch einen Beitrag für ihre Heimatstadt leisten. Die Mutter von vier Kindern hat bei der Lebenshilfe eine Ausbildung zur Spiel- und Tanzpädagogin absolviert. Fasziniert von der Idee eines verbindenden und stärkenden Rituals gibt sie Monat für Monat neue Impulse zu einem verantwortungsbewussten und sozialen Leben.

Die nächsten Tänze finden am 31. August, 30. September, 29. Oktober, 28. November und 28. Dezember statt. Nähere Informationen finden Sie im Internet unter www.ulmentanz.de
 

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