Rettungsstation
Eine Fürtherin hilft verletzten und kranken Igeln
18.6.2021, 21:07 UhrEtliche Käfige stapeln sich in einem separaten Bereich in ihrem Wohnhaus übereinander. In jedem sitzt ein stacheliger Vierbeiner. Zu Spitzenzeiten sind es über 60 Tiere gleichzeitig. Das ist vor allem im Spätherbst der Fall, wenn sich Igel eigentlich bis März oder April in den Winterschlaf begeben.
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Doch einige von ihnen schaffen es nicht, sich die notwendigen Speckpolster anzufressen. Für sie hat Zwanziger auf ihrem Dachboden eine nur teilisolierte Winterschlafstation eingerichtet. Die Schuld für die Unterernährung sieht die Igelretterin allerdings nicht bei den Tieren: "Durch den ständigen Bauboom, Betongärten, Insektensterben und Pestizide ist der Igel gefährdet. Er findet immer weniger Nahrung und kein Material zum Nestbau. Da der Mensch Schuld ist an all dem, sollte der Mensch auch jetzt handeln. Wir haben nur diese eine Erde."
Im November 2016 hatte sie selbst den ersten Igel bei sich aufgenommen, ihn aufgepäppelt und durch den Winter gebracht. Ein Jahr später kam sie schon auf 13 Tiere und 2018 meldete sie mit 30 "Patienten" ihre Igelrettungsstation an, legte dafür sogar beim Veterinäramt eine Sachkundeprüfung ab.
Ihre Kenntnisse über die Tiere und deren korrekte Versorgung hat sie sich angelesen oder über den Austausch mit anderen "Igelpäpplern" erlangt. Zu wissen gibt es für Zwanziger eine Menge. Nicht nur, weil die Genehmigung ihrer Tätigkeit eine genaue Dokumentation von Verletzungen, Fütterungszeiten oder Medikationen der Igel verlangt. Sie selbst führt – in engem Austausch mit einem Tierarzt – auch verschiedene medizinische Behandlungen an ihren Findlingen durch. Diese reichen von der Wundversorgung bis hin zur Beatmung von Igeln. Wenn ein Tier beispielsweise durch einen Infekt kaum noch Luft bekommt, steckt Zwanziger dieses in eine kleine Box. Dort hinein bekommt es dann Sauerstoff zugeleitet.
Andere Gefahren für die kleinen Stachelträger sind zum Beispiel die gelben Säcke, vor allem wenn darin Katzenfutterbeutel oder -dosen sind. Die Tiere klettern, vom Geruch angelockt, hinein, finden aber nicht mehr heraus und werden dann von der Müllabfuhr mitgenommen. Zwanzigers Tipp: Die Säcke irgendwo hochhängen damit sie für die Igel unerreichbar sind.
Fliegen legen Eier in Wunden
Ein weiteres Problem sind Rasenmäher aller Art. "Ich betreue hier teilweise Tiere, die durch die Klingen der Maschinen schwer verletzt wurden", erzählt Zwanziger und holt dabei einen Igel aus dem Käfig, dem ein Rasenmäher beinahe das halbe Gesicht abgeschnitten hat. Die Wunden würden zwar gut verheilen, ein Auge und Teile des Mauls wären aber für immer verloren. Solche Verletzungen sind das Eine.
Doch gerade in wärmeren Zeiten droht den Igeln Gefahr durch Fliegen, die ihre Eier in solche offenen Wunden legen. "Bei Fliegeneierbefall zählt jede Minute. Aus den Eiern werden Maden und die fressen den Igel auf", betont Zwanziger. Ihr Rat: Wer einen verletzten Igel findet, sollte gleich ein wenig Pflanzenöl auf die Wunden träufeln. Das würde die Fliegen fernhalten. Finder sollten Igel zudem immer mit Handschuhen anfassen. Nicht wegen der Stacheln, sondern weil die Tiere ansteckenden Hautpilz haben können.
Generell empfiehlt die Igelretterin, bei jedem tagaktiven Tier die zuständige Igel-Rettungsstation zu kontaktieren und dort für eine kurze Untersuchung vorbeizuschauen. In 80 Prozent der Fälle könnten die Finder ihren Igel wieder mit nach Hause nehmen und dort pflegen. Dafür eignet sich gut ein Hasenkäfig mit Stroh oder Zeitungspapier. Besonders gern fressen Igel trockenes und feuchtes Katzenfutter. Bezüglich der Wiederfreilassung steht die örtliche Igelrettung dann beratend zur Verfügung.
Da sie das alles nicht allein stemmen kann, verfügt sie mittlerweile über 15 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Diese putzen in der Rettungsstation, päppeln Igel bei sich auf oder fahren diese von A nach B. Weitere fleißige Hände werden aber immer benötigt. Mit ihrer Igelrettung ist Zwanziger an den bundesweiten Verein Welt der Igel angeschlossen. Über dessen Internetseite (www.weltderigel.de) können Interessierte auch direkt für die Fürther Station spenden.
Kosten für Futter im dreistelligen Bereich
Allein die Futterkosten würden pro Monat im dreistelligen Bereich liegen, erzählt Zwanziger. Da ihr Engagement mittlerweile enorme Ausmaße angenommen habe, würde sie ihre Igelrettung am liebsten auslagern. Dafür wäre am besten ein separates Gebäude geeignet, vor allem aufgrund des strengen Geruchs. Wer sich berufen fühlt, dürfe sich da gerne bei ihr melden.
Bis Ende August macht sie nun erst einmal Pause. Diese sei nötig, auch um die Fürther Igelrettung neu zu organisieren. In dem jetzigen Ausmaß bei ihr zuhause könne es nicht weitergehen, findet Zwanziger. Wer jetzt im Sommer einen Igel findet, solle sich deshalb erst einmal über Welt der Igel den Kontakt zu einer Rettungsstation in seiner Nähe geben lassen. Für den Herbst müsse sie dann schauen, wie es in Fürth weitergeht.