Eine Ohrfeige für Zirndorfs Bürgersinn von einst
9.8.2015, 16:00 UhrAllerdings zeichnet sich zwischenzeitlich eventuell doch eine Lösung ab: Wie Zwingel in seiner Funktion als Vorsitzender des Eisbahn-Fördervereins – und in dieser Rolle wesentlich aufgeschlossener für das Anliegen der Eisbahn-Freunde – bei deren außerordentlicher Sitzung wenige Tage später mitteilte, habe sich „ein Privater“ gefunden, der das 9300-Euro-Defizit der Bahn, deretwegen sie der Stadtrat schloss, eventuell für ein Jahr übernehmen würde.
Wie wiederholt berichtet, war die Eislaufbahn am Bibertbad im April dem Sparzwang zum Opfer gefallen. Eine Entscheidung, mit der sich der Förderverein nicht abfinden will. Per offenem Brief appellierten dessen Mitglieder an die Stadträte, den Beschluss zurückzunehmen.
In deren jüngster Sitzung richtete Günther Lang, Schriftführer des Vereins, diesen Appell „namens der ganzen sportbegeisterten Bevölkerung“ persönlich an die Stadträte, insbesondere an die von CSU und Grünen, die ausschlaggebend für das Ende der Eisbahn waren. Und er musste sich von Zwingel belehren lassen, dass das nur auf Antrag eines Stadtrates oder einer Fraktion geschehen könne. Worauf der neuerdings fraktionslose Murat Bülbül (siehe untenstehender Artikel) gestenreich signalisierte, er werde das tun.
Zwischenzeitlich ist der Antrag im Rathaus eingegangen, laut Zwingel jedoch nur mit dem Protest des Eisbahn-Fördervereins begründet. Allein deren Unverständnis für die Schließung sei jedoch nicht Grund genug, den Antrag erneut zur Abstimmung zu stellen. Das sei nur möglich, ergäben sich neue Fakten. Doch die sind nach Einschätzung der Eisbahnfreunde gegeben, sollte sich tatsächlich ein Mäzen finden, der das Defizit trägt.
Auch der Förderverein selbst spielt mit dem Gedanken, für das angebliche Defizit in die Bresche zu springen. Bleibt es beim Eisbahn-Ende, flösse das derzeitige Vereinsvermögen in Höhe von 17 500 Euro ohnehin in die Stadtkasse. „Dann können wir es genauso gut als Defizitausgleich zur Verfügung stellen“, meinte Walter Fiebinger als Kopf des „Orga-Teams“, das sich nach Bekanntwerden des Stadtratsbeschlusses gegründet hatte, um den Protest zu organisieren.
Außerdem interessiert sich Zwingel zufolge offenbar jemand, die Bahn privat zu betreiben, eine konkrete Offerte liege aber noch nicht vor. Das wiederum spräche für Langs Rechnung, derzufolge die Eisbahn gar keine Miesen macht. Schließlich interessiert sich in der Regel niemand für eine städtische Einrichtung, wenn die keinen Gewinn verheißt.
„Schlecht gerechnet“
Lang begegnet der Defizitermittlung des Bibertbades ohnehin mit Skepsis: „Da wurde die Bahn arg schlecht gerechnet.“ Alle Posten ausgeklammert, die der Stadt auch bei der Schließung blieben, weil etwa am Personal nicht gespart werden soll, kommt Lang für das Kalenderjahr 2014 auf einen Gewinn von 1585 Euro. „Es kommt eben auf die Sichtweise an“, so Lang. Dessen Berechnung ist für Fiebinger ein Grund mehr, die Bahn zumindest noch einen Winter lang zu betreiben. Er will belastbare Zahlen.
Genau ermittelt ist dagegen, was dem Förderverein die Eisbahn wert war: Auf Initiative von Altbürgermeister Virgilio Röschlein 1985 gegründet, trug der Verein bis zur Eröffnung der Kunsteisbahn 1994 exakt 947 254,36 Mark zusammen. Mit 650 000 Mark unterstützte er den zwei Millionen Mark teuren Bau, weitere 140 000 Mark flossen in die Eismaschine. Das Gros der 154 000 Mark, die nach der Fertigstellung der Bahn noch auf dem Sparbuch lagen, ging als Jugendsportförderung an die Stadtwerke, unter deren Dach das Bibertbad von 1997 bis 2008 ausgelagert war, um den städtischen Etat zu entlasten. Nach der Rekommunalisierung 2009 führte der Förderverein sein Mäzenatentum fort und finanzierte für weitere 24 000 Euro Spielgeräte und Schlittschuhe.
Dass die über den Verein kanalisierte Spendenbereitschaft der Zirndorfer Bevölkerung für ihre Eisbahn bei der Entscheidungsfindung der Stadträte völlig unberücksichtigt blieb, wurmt die Vereinsmitglieder: „Es mag rein rechtlich ja in Ordnung sein, dass die Stadt, auf deren Grund die Anlage steht, über sie entscheidet. Aus moralischen Gründen wäre es aber geboten gewesen, uns einzubinden“, sagt Fiebinger.
Als Frechheit bezeichnet es Röschlein, dass die Stadträte in Unkenntnis dieses finanziellen Engagements die Bahn schlossen: „Das ist undankbar gegenüber allen, die in Zirndorf Bürgersinn bewiesen haben.“ Von einer Entscheidung, „die zum Himmel stinkt“, sprach gar SPD-Statrat und Fördervereins-Mitglied Walter Liebel. Dass eine völlig intakte Sportstätte wegen gerade einmal 9300 Euro geschlossen werde, stehe in keinerlei Verhältnis zur Gesamtverschuldung der Stadt von 50 Millionen Euro.
Bei allem Ärger mahnte Röschlein jedoch an, erst einmal das Gespräch mit den Fraktionsvorsitzenden zu suchen. Das soll zeitnah geschehen. Sollte es nichts bringen, wird der in der Sitzung festgelegte Plan B greifen: Flyer und Plakate hat das Orga-Team bereits entworfen, um die Bevölkerung zu informieren und zu mobilisieren. Letzte Option des 124 Mitglieder starken Vereins ist nach wie vor ein Bürgerbegehren.
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