Einem Naturfreund blutet das Herz

18.03.2014, 13:00 Uhr
Einem Naturfreund blutet das Herz

© Riemann

Noch vor wenigen Monaten war das Gelände um das alte Regenrückhaltebecken am Ortsrand von Seukendorf ein grünes Idyll. Unzählige Vögel fanden hier Nist- und Futterplätze. Es gab Natursteinhaufen für Eidechsen und Blindschleichen, Nistkästen für Fledermäuse, sogar Eisvögel gingen hier auf Fischfang. Insektenhotels boten Unterschlupf für Wildbienen und Flugwespen und seltene Frösche quakten am Wasserrand. Winters bot ein Hochbeet warmen Schutz für Igel. Heute herrscht hier kahle Ödnis.

Ein großer Bagger schaufelt Schlamm aus dem Becken. Kein Strauch und kein Baum hat den Kahlschlag überlebt. Auch das Hochbeet existiert nicht mehr. „Die Bagger haben es einfach beiseitegeschoben. Zum Glück ist den Igeln, die darin noch überwinterten, nichts passiert“, erzählt Klaus-Peter Herkner. Er hat die aufgeschreckten Tiere eingefangen und sie in seinem Gartenhaus untergebracht.

Über 15 Jahre kümmerte er sich liebevoll um das sogenannte „Seukendorfer Biotop“. Der damalige Bürgermeister Klaus Weiß hatte ihn gebeten, die Pflege des Geländes um das Regenrückhaltebecken zu übernehmen. In mühsamer Arbeit verwandelte er das veralgte Becken und sein Ufer in eine grüne Oase. Auf eigene Kosten pflanzte er unzählige Bäume und Sträucher, darunter viele seltene und historische Arten, wie die Elsbeere oder den Diptam. Es entstand ein Lehrpfad mit allen heimischen Baumarten.

Heute blickt Herkner erschüttert auf den frischen Baumstumpf, der von einer über 30 Jahre alten Sommerlinde übriggeblieben ist. „Sie war ein Prachtstück. Wenn ich gewusst hätte, dass sie abgeholzt werden soll, hätte ich mich an sie gekettet.“

Wo die Linde stand, wird jetzt ein neuer Kanal verlegt. Seukendorfs Bürgermeister Werner Tiefel erklärt auf Anfrage: „Es wäre zu aufwändig und zu teuer gewesen, die größeren Bäume, wie zum Beispiel die Linde, umzusetzen“. Er war vor der Rodung mit Andreas Leßmann, Sachgebietsleiter der Unteren Naturschutzbehörde, auf dem Gelände unterwegs und ließ prüfen, welche Pflanzen erhaltenswert sind und auf das Gelände des neuen Regenrückhaltebeckens gepflanzt werden können. Lediglich drei Bäume wurden umgesetzt.

Herkner enttäuscht das sehr: „Vorher hieß es, dass mit den Pflanzen das neue Becken begrünt werden soll. Mit drei Bäumen ist da nicht viel getan.“ Beim Gang um das Gelände kann Herkner zu jedem Baum und Strauch, der hier gestanden und den er großgezogen hat, eine Geschichte erzählen: „Sie waren ja irgendwie meine Kinder. Wenn man sich jetzt hier umsieht, blutet einem das Herz.“

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