Euphorie bei Expertin
Extrem seltener Pilz taucht in Fürth auf
18.8.2021, 06:00 Uhr
Als der 31-jährige Gerd Schöpp mit Labradorwelpe Ludwig spazieren gehen wollte, entdeckte er das sonderbar aussehende, gitterartige Gewächs, das nach verwesendem Fleisch riecht. Schmeißfliegen werden davon angelockt und verbreiten die Sporen über ihre Ausscheidungen weiter. Nicht nur Insekten, auch der junge Hund fand Gefallen an dem Gewächs und fraß große Teile davon. Anfangs machten sich die Schöpps Sorgen um ihr Haustier, weil sie nicht wussten, ob der Pilz giftig ist. Katharina Schöpp schoss ein Foto von den Überresten und begann im Internet zu recherchieren. Über Google suchte sie nach den Stichworten "korallenartiger Pilz". Schnell stieß sie auf den roten Gitterling – und war erleichtert, dass er ungiftig ist.
Sissi Stanek aus Ammerndorf bestätigte schließlich per Fotoanalyse, dass es sich tatsächlich um jene rare Art handelt. Als Pilzberaterin ist sie inzwischen seit über 40 Jahren für die Mykologische und Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg im Einsatz. Regelmäßig ist sie im Wald unterwegs, um zu sehen, was dort wo wächst. Ihre Beobachtungen meldet sie den entsprechenden Stellen jeweils zum Jahresende.
Einen roten Gitterling bekam sie dabei bislang noch nicht zu Gesicht. "Da wird man schon ziemlich euphorisch", sagt die Ammerndorferin, immerhin wurde das letzte Exemplar in der Gegend ihres Wissens nach in den 1930er Jahren im Nürnberger Stadtteil Erlenstegen dokumentiert. Normalerweise gedeiht der rote Gitterling "nur in sehr warmen Ecken", so Stanek. In Deutschland gibt es ihr zufolge ein paar Orte, wo er wächst, "aber in einem Garten in Poppenreuth – davon habe ich noch nie etwas gehört". Sie findet es "erstaunlich", dass die Schöpps gleich erkannt haben, dass es sich um etwas Besonderes handeln könnte.
Katharina Schöpp buddelte die Überreste schließlich wieder ein – in der Hoffnung, dass weitere Exemplare aus dem Boden sprießen. Tatsächlich tauchten wenige Tage später und um die Fundstelle erneut vier Stück auf; die Ursache allerdings war eine andere: Laut Sissi Stanek finden sich an derselben Stelle meist mehrere Hexeneier. Die 81-Jährige hat die außergewöhnliche Entdeckung bereits an die DGfM und die Abteilung Pilz- und Kräuterkunde der Naturhistorischen Gesellschaft weitergeleitet. Letztere hat ihr inzwischen auch geantwortet. "Sie freuen sich, weil das etwas Seltenes ist", erzählt Stanek.
Selbst bewundern kann die 29-jährige Katharina Schöpp das seltene Naturschauspiel leider nicht. Sie ist zurzeit mit ihrem Mann und der einjährigen Tochter Isabell im Urlaub. Vielleicht klappt es im nächsten Jahr erneut. Denn Sissi Stanek zufolge kann es gut sein, dass der rote Gitterling wieder hervorploppt – vorausgesetzt die Boden- und Witterungsverhältnisse passen.
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