Fürs Turnen gibt’s jetzt Geld vom Staat
07.04.2011, 09:00 Uhr
Bürgermeister Markus Braun sprach bei einer Pressekonferenz im Rathaus von einem „wichtigen Schritt zu mehr sozialer Gerechtigkeit“, denn hier gehe es um „bestmögliche schulische und berufliche Perspektiven junger Menschen“. Profitieren sollen im Stadtgebiet 3165 Kinder und Jugendliche, deren Eltern langzeitarbeitslos sind und ArbeitslosengeldII (AlgII) erhalten, sowie 944 Kinder einkommensschwacher Eltern, die etwa Wohngeld beziehen.
Von den 1,6 Milliarden Euro, die das Arbeitsministerium pro Jahr bundesweit zur Verfügung stellt, können in Fürth laut Braun jenseits der Hartz-IV-Regelsätze 1,65 Millionen Euro abgerufen werden. Eine halbe Million Euro kalkuliert Braun allein für das warme Mittagessen in Schule, Hort, Kindergarten oder -krippe ein, auf das die Betroffenen rückwirkend zum 1. Januar 2011 Anspruch haben. Einen Euro pro Mahlzeit müssen die Eltern investieren, erklärt der Bürgermeister und rechnet beispielhaft vor: Bei Essenskosten von 60 Euro im Monat zahlt 17 Euro die Familie, 43 Euro schießt der Staat zu.
Neu ist, dass eintägige Schul- oder Kindergartenausflüge und mehrtägige Klassenfahrten komplett finanziert werden. Und das gilt auch für die sogenannte Lernförderung. Voraussetzung hierfür ist aber nicht nur, dass die Versetzung des Kindes in die nächste Klasse gefährdet ist und der Lehrer das schriftlich dokumentiert. Günther Meth, neuer Chef des für Langzeitarbeitslose zuständigen Jobcenters, und Klaus Tiefel, Leiter des städtischen Schulverwaltungsamts, wiesen bei dem Gespräch im Rathaus ausdrücklich darauf hin, dass schulinterne oder -nahe Angebote Vorrang haben, „zumal wenn sie billiger sind“ (Meth). So komme Nachhilfeunterricht bei einem teuren Institut nicht infrage, wenn diesen an der betreffenden Schule auch ältere Schüler (Tutoren) für wenig Geld anbieten.
Teilhabe am sozialen Leben
Neuland betreten alle Beteiligten unter dem bürokratischen Begriff der „Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben“. Anders als bisher subventioniert der Staat Mitgliedschaften in Sportvereinen, Musikunterricht oder andere Freizeitaktivitäten mit zehn Euro pro Kind und Monat. Allerdings, schränkte Markus Braun ein, könne nicht von teuren Klavier- oder Geigenstunden die Rede sein. Schließlich fielen für Einzelunterricht leicht Beträge von monatlich 100 Euro an. Überdies müssten die Kinder auch üben können. Aber: „Die Zielgruppe dürfte kein Klavier zu Hause haben.“ Braun zufolge wollen die Stadt und die Musikschule Fürth geeignete Angebote in den Schulen schaffen.
Grundsätzlich gilt: Nur wenn der „Antrag auf Leistungen für Bildung und Teilhabe“ bis 30. April beim Jobcenter oder der Stadt vorliegt, kann rückwirkend Geld beansprucht werden. Eine spezielle Regelung gibt es bei der Mittagsverpflegung. Die Kosten werden laut Meth von Januar bis März pauschal mit monatlich 26 Euro vergolten.
Abgesehen von den 100 Euro, die es pro Kind und Schuljahr nach wie vor für Hefte, Stifte und anderen Schulbedarf gibt, die jetzt aber in zwei Raten ausgezahlt werden, gehen die Zahlungen nicht an die Familien. Überwiesen werde, so Meth, stets an „registrierte Leistungserbringer“ — also Vereine, Nachhilfelehrer, Kindergärten mit Mittagsverpflegung oder Cateringfirmen. Eine entsprechende Anbieterdatei werde derzeit erstellt.
Antragsformulare und Informationen für Alg-II-Empfänger beim Jobcenter, Telefon-Hotline 7503289, und für andere Berechtigte in der „Beratungsstelle Bildungspaket“, Technisches Rathaus, Raum 0.29, Tel. 974-3380.