Fürther Forscher durchleuchten XXL-Raketenjäger Me 163
28.3.2019, 06:00 UhrKein anderer Flieger war damals so schnell wie der ab 1939 bei der Messerschmitt AG in Augsburg entwickelte und von Görings Generalluftzeugmeister Ernst Udet geförderte "Komet". Als Erster knackte er die 1000 km/h-Marke, in 3,3 Minuten düste der auch "Kraftei" genannte Abfangjäger auf 12 000 Meter Flughöhe. Allerdings reichte der Treibstoff nur für wenige Minuten. Zurückkehren musste Hitlers "Wunderwaffe" im Gleitflug. Neben der beschränkten Reichweite machten häufige Unfälle dem Prestigeobjekt zu schaffen: explodierende Treibstofftanks, Abstürze beim plötzlichen Abreißen der Schubkraft, Bruchlandungen mit der Kufe.
Das in Fürth durchleuchtete Exemplar stammt aus der Sammlung des Deutschen Museums in München. Die Kuratoren für Historische Luftfahrt erhoffen sich durch den Scan neue Erkenntnisse zur Geschichte dieser Maschine und zu den genauen Unfallursachen. Im Rahmen der neuen Luftfahrtausstellung des Museums soll das Flugzeug nächstes Jahr mittels Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen präsentiert werden.
Der Flieger kam in einem speziell angefertigten Stahlgestell nach Fürth und wurde mit abmontierten Flügeln mit dem extrem großen Computertomografen am Stück gescannt. Von einer "kleinen Sensation", spricht Randolf Hanke, der Leiter des Röntgenentwicklungszentrums. So genau seien die Innereien des Flugzeugs noch nie untersucht worden.
Umstrittene Namen
Der "Komet" hat aber auch einen besonderen Bezug zum Untersuchungsort. Bei der Umwandlung des historischen Flugplatzes in ein Wohn- und Gewerbegebiet wollte der Stadtrat 2003 nämlich eine Straße nach Ernst Udet benennen. Das stieß im Hinblick auf dessen nationalsozialistische Vergangenheit jedoch in der Öffentlichkeit auf heftige Kritik — mit dem Ergebnis, dass die Straße dem Leutershausener Flugpionier Gustav Weißkopf gewidmet wurde. Was die Stadt aber nicht hinderte, eine weitere Straße nach Willy Messerschmitt zu benennen. Erneut brandete Empörung auf, mit Hinweis auf Messerschmitts Funktion in Hitlers Kriegsindustrie. Daraufhin entschied sich der Stadtrat 2007 für die Umbenennung nach der Flugpionierin Melli Beese.
Prüfobjekte aus dem Bereich der Luft- und Raumfahrt sind für die Forschenden am Fraunhofer-Röntgenentwicklungszentrum nicht ungewöhnlich. Auch Museen arbeiten seit Jahren mit den Fürthern zusammen. 2015 wurde für das Deutsche Museum zum Beispiel ein BMW 328 Wendler Stromliniencoupé aus den 1930er Jahren dreidimensional gescannt. Dabei lassen sich verborgene Schäden entdecken oder Daten für den Nachbau von Ersatzteilen im 3D-Drucker sammeln.
Ein originalgetreues 3D-Modell fertigten die Fürther Forscher etwa von einem 65 Millionen Jahre alten T-Rex-Saurierschädel aus Montana an, der in einer fest verschlossenen Transportkiste gescannt werden musste. Auch eine Mumie aus Peru haben sie schon durchleuchtet. Neuerdings untersuchen sie 2010 Jahre alte Rüstungen aus der Schlacht im Teutoburger Wald. Wirtschaftlich bedeutsam sind vor allem die Fürther Konstruktionen zum Scannen ganzer Seecontainer mit mobilen Geräten. Das dient der Terrorabwehr ebenso wie dem Zoll.
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