Fürther im Rennen um den Alterspreis
14.11.2015, 16:00 UhrEin Blick in Thomas Henrichs Arbeitszimmer und man weiß: Dieser Schreibtisch wird tatsächlich noch genutzt, und zwar nicht nur als Ablageplatz für Unterlagen. Und das, obwohl Henrich schon vor zehn Jahren in die passive Altersteilzeit gewechselt und damit nicht mehr berufstätig ist. Zumindest nicht im klassischen Sinn. Denn dass der heute 68-Jährige, der als leitender Angestellter bei Quelle tätig war, seine Rentenzeit nicht im Lehnstuhl und womöglich vor dem Fernseher verbringen würde, war ihm immer klar gewesen.
Deshalb hat sich Henrich schon vor seiner Rente ehrenamtlich engagiert. Seine erste Station war die Nürnberger Bahnhofsmission, wo er in der Kleiderkammer mithalf oder älteren Menschen und Kindern am Gleis beim Umsteigen half. Der Bahnhofsmission ist er übrigens treu geblieben: Seit 26 Jahren hilft er dort noch jeden zweiten Samstag mit.
Inzwischen aber ist die Liste seines Engagements lang geworden. Henrichs erster Einsatzort war ein Nürnberger Kindergarten, dem er half, die Abläufe zu perfektionieren, das Büro zu organisieren und das Abrechnungssystem für die Angestellten zu optimieren. „Im Grunde ist ein Kindergarten fast wie eine kleine Firma“, sagt Henrich und zeigt das liebevoll gestaltete Album, das ihm die Kinder zu seinem Abschied nach acht Monaten überreicht haben.
Bewusst entscheidet er sich stets für Einsätze, in die er die Erfahrungen seines Berufslebens einbringen kann – Organisation und IT-Projekte hauptsächlich. Beides kam ihm zugute, als er beispielsweise mithalf, einige Freiwilligenzentren in Nürnberg und Fürth auf die Beine zu stellen, auch am Aufbau des Schweinauer Mehrgenerationenhauses war er beteiligt. Die Nürnberger Freiwilligenmesse, die es seit fünf Jahren gibt, hat er mit aus der Taufe gehoben, zur Fürther 1000-Jahr-Feier hat er einen Film über Zivilcourage zum Laufen gebracht.
Damit ihm sein freiwilliges Engagement nicht langweilig wird, hat Thomas Henrich einige Regeln für sich aufgestellt: Kein Projekt macht er zweimal, mehr als ein paar Monate sollte sein Einsatz nicht dauern. Außerdem legt er Wert auf feste Arbeitszeiten; montags bis donnerstags verbringt er jeweils vier Stunden im Büro, der Freitag gehört der Familie.
Stichwort Familie: Ohne die Rückendeckung seiner Frau Brigitte, die sich übrigens ebenfalls ehrenamtlich engagiert, wäre der Aufwand gar nicht machbar, weiß Henrich. Und: Familie, Freunde und Freizeit dürfen nicht zu kurz kommen.
Zeit hat Henrich trotz allem auch für die Online-Bewerbung um den Deutschen Alterspreis der Robert-Bosch-Stiftung gefunden. Dieser belohnt die besten Vorhaben und Ideen, die das Leben älterer Menschen verbessern. „Ich habe mich einfach mal mit meinem ehrenamtlichen Einsatz beworben“, erzählt Henrich.
Als sich fünf Monate später der Projektleiter meldete, hatte Henrich den Preis beinahe schon wieder vergessen. Unter den letzten 20 von 250 Kandidaten sei er, erklärte ihm der Anrufer. Wenig später rückte der Mann aus Fürth noch weiter nach vorn: Henrich hatte es unter die letzten sechs Bewerber geschafft – und damit schon das Ticket nach Berlin ergattert.
Starke Konkurrenz
Dort wird am 24. November bekanntgegeben, wer die ersten drei Plätze einnimmt. Henrich geht als „Ich-Verein für soziales Engagement“, wie er seine Tätigkeit genannt hat, ins Rennen. Reelle Chancen, einen Teil des Preisgelds in der Gesamthöhe von 120 000 Euro abzubekommen, sieht er nicht. „Die Konkurrenz ist schon sehr groß.“
Mit dabei sind etwa Abi Ofraim, bekannt als ein Teil des Schlagerduos „Esther und Abi“, der ein „Jugendzentrum für Senioren“ in München aufgebaut hat, ein Projekt, das im hessischen Griesheim Sitzgelegenheiten für Senioren in der Stadt geschaffen hat, außerdem bekommt Henrich Konkurrenz aus der Nachbarstadt: Dort hat sich das Magazin sechs+sechzig, das viermal im Jahr unserer Zeitung beiliegt und sich mit seinen Themen an ältere Leser wendet, fürs Finale qualifiziert.
Doch selbst wenn sein Projekt nicht zum Zug kommt, hat sich Henrich vorgenommen, nicht enttäuscht zu sein. Schließlich wurde schon ein Nominierungsvideo über ihn gedreht, großen Spaß habe ihm das bereitet. Die Einladung nach Berlin will er zudem nutzen, um noch ein paar Tage die Metropole zu erkunden. Das Wichtigste für ihn aber ist: Ob nun mit oder ohne Preis – er wird er sich so lange weiter engagieren, wie es seine Gesundheit zulässt.
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