Gastronomisches Urgestein sagt leise adé
7.9.2010, 10:00 Uhr„Früher war die Zeit viel härter“, resümiert die Unterfränkin, die 1969 mit ihrem Mann Gerhard aus Ochsenfurt nach Fürth zog. In den ersten Jahren sei man sogar für den tschechischen Nachnamen angefeindet worden. Und in der Gaststube stand Christa Rezac „von früh sieben bis zur Polizeistunde um ein Uhr nachts.“
Sehr viel länger schläft Christa Rezac allerdings auch heute nicht. Kommen doch schon in der Frühe die ersten Lieferanten, die frisches Gemüse und Obst oder die derzeit angesagten Karpfen ins „Stadtwappen“ bringen. Der urfränkische Speisefisch ist immer noch die Haupteinnahmequelle. „Die Wirtschaft steht und fällt mit dem Karpfen, im Sommer haben wir das totale Loch“, verrät Christa Rezac. Kaum habe die Karpfensaison begonnen, würden tagtäglich Portionen in dreistelliger Zahl über den Tresen wandern.
„Wir machen noch alles selber“, sagt Christa Rezac, während ihr Blick über die Inneneinrichtung ihres gutbürgerlichen Lokals schweift, an der die Trends der Neuzeit so gut wie spurlos vorübergegangen sind. Geht mal etwas kaputt, wie neulich eine der langen Sitzbänke, dann lässt Christa Rezac es von einem befreundeten Schreiner reparieren.
So sieht der Saal des „Stadtwappens“ immer noch aus, wie in den siebziger oder achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts: Dunkle Holztäfelungen, verschnörkelte Lampen und gerahmte Fotos an den Wänden, die von längst vergangenen Vereinsjubiläen oder Preisverleihungen künden. Über dem Tresen hängt eine Sammlung von bunten, ein wenig vergilbten Autogrammkarten. Die Nähe zu Theater und Rathaus brachte es mit sich, dass Christa Rezac oft Politprominenz und bekannte Künstler zu Gast hatte.
Auch Bundeskanzler Schröder schaute vorbei
Auch der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder schaute 2004 herein, ließ sich mit seinen Personenschützern fränkische Bratwürste schmecken - und versetzte wegen der deftigen Hausmannskost für ein paar Stunden den Oberbürgermeister und die Stadtspitze: „Die warteten im „Forsthaus“ und wunderten sich, wo der Gerd bleibt“, erzählt Christa Rezac mit pfiffigem Lächeln.
Die Tageskarte schreibt die Wirtin immer noch mit der Hand, „auch wenn manche der jüngeren Kollegen darüber lachen“. Solche Details gehören bei einer Gaststätte dazu, in der die Traditionsfahne hochgehalten wird. Das Stammpublikum wird allerdings zusehends weniger. Viele von denen, die früher „jeden Tag am selben Stuhl saßen“, wie sich Christa Rezac erinnert, sind inzwischen gestorben, bei der jüngeren Generation sind andere Gaststätten gefragt. Die Küche des „Stadtwappens“ wird gleichwohl sogar im Internet nicht nur von Karpfenfans gelobt.
Einen harten Schlussstrich will Christa Rezac, die in wenigen Tagen 63 wird, unter ihr Gastronomenleben nicht ziehen. Aber der Gesundheit halber ein bisschen weniger schuften und sich mehr um ihren Mann kümmern. „Das heißt aber nicht, dass ich mich in meine Wohnung einsperre, das würde ich nicht ertragen“, erklärt sie mit Nachdruck. So bleibt sie ihren Gästen und der Fürther Gastronomie noch eine Weile erhalten. Wohl auch, weil ein langsamer Abschied weniger weh tut.
WEITERE INFORMATIONEN über das Stadtwappen in unserer Rubrik Essen und Trinken