Gezielte Gegenangriffe: Krav Maga liegt im Trend

2.1.2017, 16:00 Uhr
Gezielte Gegenangriffe: Krav Maga liegt im Trend

© Foto: Leberzammer

Für Trainer Ruben Israel ist die beste Verteidigung immer noch jene, sich erst gar nicht auf eine handfeste Auseinandersetzung einzulassen. „Wenn jemand stänkert, dann schaut, dass ihr schon vorher das Weite suchen könnt“, rät der Enddreißiger dem knappen Dutzend Kursteilnehmern. Sollte dieser praktizierte Pazifismus nicht fruchten oder sich als unmöglich erweisen, hat er eine Reihe von Techniken parat, die Angreifer in die Flucht schlagen sollen.

Zu allererst gilt es, einer Würge-, Hieb- oder Stich-Attacke auszuweichen, um dann gezielt zum Gegenangriff überzugehen. „Wo ihr diesen Konter setzt, ist mir grundsätzlich egal“, meint Israel und macht das Ziel von der Körpergröße der Kontrahenten abhängig: „Wo es eben von der Höhe passt, also Kopf, Rippen oder Genitalien.“ Das Training mit den Anfängern in der Fürther Südstadt verläuft aber weitgehend ohne größere Schmerzen, wenngleich der Coach allen zu einem Tiefschutz rät. Denn im Eifer des Gefechts kann selbst ein kleiner Sparringspartner mal daneben langen.

Schwere Jungs sind darunter ohnehin nicht zu finden. „Anfangs bekamen wir viele Anfragen aus dem Milieu, etwa von Türstehern“, erzählt Matthias Birkner, „von uns war das aber nicht erwünscht und wir haben denen auch abgesagt.“ Birkner ist Geschäftsführer von „learn2fight“, das die Kurse veranstaltet. Im Großraum betreibt sein Unternehmen mittlerweile acht Krav-Maga-Trainingszentren. Fürth, seit Juni 2016 dabei, ist das jüngste. Etwa 30 Frauen und Männer kommen regelmäßig zu den Einheiten, insgesamt zählt learn2fight laut Birkner mehrere hundert Sportler. „Die breite Masse fühlt sich bei uns gut aufgehoben“, findet er. Krav Maga biete für jeden Kenntnis- und Fitnessstand etwas.

Einfache Abläufe

Raphaela Wiek ist erst seit einigen Wochen dabei. Die junge Frau wollte Sport treiben, doch war ihr konventionelles Fitnesstraining zu langweilig. „Hier kann ich mich auspowern und für eine Frau ist Selbstverteidigung niemals verkehrt“, sagt sie. „Nie mehr Opfer sein“, das ist für Thomas Neubert, der an den Kursen in Fürth seit Anfang an teilnimmt, die zentrale Philosophie von Krav Maga.

„Man holt sich hier Selbstbewusstsein“, erklärt er, „außerdem macht es einen körperlich und mental fitter.“ Neubert hat bereits verschiedene Kampfsportarten ausprobiert, an Krav Maga überzeugt ihn die Einfachheit der Bewegungsabläufe.

Allerdings hinken ohnehin alle Vergleiche mit Boxen, Ju-Jutsu oder Karate, denn bei Krav Maga gibt es keine Wettkämpfe, nicht einmal genaue Regeln. Im engeren Sinn ist es gar kein Sport, sondern eine Selbstverteidigungstechnik. Weil natürliche und instinktive Reaktionen eingebunden werden, soll es auch vergleichsweise leicht zu lernen sein.

Birkner beschreibt Krav Maga, das seit den 1930er Jahren von Imrich Lichtenberg erst in der Slowakei, später in Palästina entwickelt wurde, als zweckorientiertes Selbstverteidigungssystem. „Es geht darum, sich selbst und andere so rasch wie möglich zu schützen“, erklärt er. „Es trifft damit den Nerv der Zeit“, meint Birkner, in dessen Studios beispielsweise auch Sanitäter Deeskalation und Selbstschutz üben. Neben einem gesteigerten Sicherheitsempfinden biete es ein hochintensives Training mit hohen Pulswerten, immer wieder von Pausen unterbrochen. „Der Fokus liegt aber klar auf dem Selbstschutz.“

In Zirndorf, wo in den Räumen des SV Weiherhof bereits seit drei Jahren Krav Maga trainiert wird, gibt es sogar eine gut besuchte Kindergruppe. „Die Gewalt an den Schulen nimmt zu“, meint Birkner, dessen Kindertrainingskonzept allerdings auch vor Gewalt durch Erwachsene schützen soll. Laut werden und ein möglichst großes Zeitfenster öffnen, um sich gegen Übergriffe wehren und flüchten zu können, ist der Kern dieser altersgerechten Selbstverteidigung. „Wir beziehen stets Alltagsgegenstände wie etwa Rucksäcke in die Übungen ein“, erläutert er.

Über mangelnden Zulauf kann sich Birkner in keiner Altersgruppe beschweren. „Es spricht sich herum, bislang haben wir noch nicht einmal richtig Werbung gemacht.“

www.learn2fight.de

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