Gott schaut nicht immer zu
7.3.2014, 00:00 UhrAls amerikanische Jüdin ist man leidensfähig, vor allem, wenn man in Deutschland lebt. Erzählt Schauspielerin Marla Levenstein von ihrer Herkunft, dann zählen zu den häufigsten Reaktionen Sprüche wie diese: „Oh, das tut mir aber leid.“ Oder: „Toll, dass du Jüdin bist.“ Oder: „Du siehst aber gar nicht jüdisch aus.“ Und zum Schluss die Standardfrage: „Lebst du koscher?“
Was aber ist eigentlich koscher? Ganz am Anfang stand ein Speisegebot im 5. Buch Mose, Kapitel 14: „Du sollst das Böcklein nicht kochen in der Milch seiner Mutter.“ Schriftgelehrte legten dieses Gebot so aus, dass ein gläubiger Jude Fleisch (Rind und Lamm) von Milch (inklusive Käse, Sahne, Butter) radikal zu trennen habe. Gegessen wird auf unterschiedlichen Tellern mit verschiedenem Besteck, gelagert wird am besten in zwei Kühlschränken. Fisch und Geflügel hingegen gelten als neutral, Krebs, Hummer, Austern und Kaviar hingegen als verboten.
Das kann man nun für sinnvoll halten oder nicht. Man kann sich dagegen auflehnen, hundertfünfzigprozentig danach leben oder aber einen Mittelweg gehen. Marla Levenstein verdeutlicht diese Wege in Gestalt des Großonkels Shlomo und seiner „meschuggenen“ Nichte Deborah, die „glatt koscher“ lebt, also absolut rein.
Und was ist der Unterschied zwischen koscher und glatt koscher? Koscher bezieht sich allein aufs Essen und Trinken, glatt koscher umfasst hingegen sämtliche Lebensbereiche. So sucht Deborah händeringend nach einer Nagelfeile, „but not made in Germany“; untersucht ihren Salat mit einem Vergrößerungsglas — einem „Bug Checker“ — nach winzigen Insekten, alpträumt von eingeschleppten Käfern im Joghurt und fortgesetztem Kühlschrankaustausch und kreiert sogar „Koscherobics“, gymnastische Übungen, die unkoschere Gelüste vertreiben.
Onkel Shlomo am Krückstock hingegen sinniert über die jüdischen Gelüste nach chinesischem Essen und der pragmatischen Lösung: China-Essen auf Papptellern mit Plastikbesteck, danach kommt alles in die Mülltüte, und der Haushalt bleibt sauber. Und überhaupt hält sich der stets pragmatische Onkel Shlomo an die zutiefst menschliche Devise: „Gott schaut nicht immer zu.“
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