Günstige Wohnungen in Landkreisstädten sind rar

14.06.2015, 13:00 Uhr
Günstige Wohnungen in Landkreisstädten sind rar

© Thomas Scherer

Berlin war schneller als alle anderen. Im Freistaat, so hat Beate Linse, Rechtsanwältin vom Mieterverein Fürth & Umgebung, Anfang der Woche vom Justizministerium erfahren, ist die Verordnung kurz vor der Fertigstellung und soll unverzüglich erlassen werden. Wann genau „unverzüglich“ ist, habe das Ministerium jedoch offen gelassen.

Dass Fürth und Nürnberg als Region, in der bezahlbarer Wohnraum Mangelware ist, eingestuft werden, ist Linses Einschätzung nach zu erwarten. Denn bei der Einführung der reduzierten Kappungsgrenze, derzufolge Mieten binnen drei Jahren maximal um 15 statt der üblichen 20 Prozent erhöht werden dürfen, hat der Freistaat 2013 Gegenden, in denen die „ausreichende Versorgung“ mit Mietwohnungen gefährdet ist, bereits festgelegt. Neben Fürth und Nürnberg fiel auch die Kreisstadt Zirndorf darunter.

Extreme Verteuerung

Eine Mietpreisbremse könnte nun auch die Erhöhung der Miete bei einer Neuvermietung auf zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckeln. Der Tendenz, beim Mieterwechsel extrem an der Preisschraube zu ziehen, die Linse auch in Fürth beobachtet, wäre damit Einhalt geboten, meint die Juristin.

„Einkommensstarke, wie die sogenannten ,Dinks‘, kurz für ,double income, no kids‘, (auf Deutsch: doppeltes Einkommen, keine Kinder), mögen sich die hiesigen Mieten noch leisten können, für Otto-Normalverdiener aber wird es schon schwierig, und für Familien oder allein Erziehende ist es auch in Fürth ein Problem, eine bezahlbare Wohnung zu finden“, schildert sie die Klagen, die beim Mieterverein landen. Der Mangel setzt sich in den angrenzenden Kreisstädten nahtlos fort, wie die Einschätzungen in den dortigen Rathäusern zeigen.

„Wir sind Zuzugsgemeinde, der Druck ist ungebrochen“, erklärt Bürgermeister Thomas Zwingel den Mangel an Wohnraum in der Bibertstadt. Die über 1100 Wohnungen der städtischen WBG seien, so weit sie angesichts des Sanierungsstaus verfügbar sind, ausgelastet, die Warteliste lang. „Bei uns kann es vorrangig in Richtung Verdichtung gehen, wir haben kaum vermarktbare Fläche.“ Was bestehende Lücken füllt, ist weitgehend im hochpreisigen Segment angesiedelt. Und das Baugebiet bei Anwanden hängt trotz weitgehend ausgereifter Planung nach wie vor an der Frage, ob es über einen Kreisel erschlossen wird bzw. ob Investor Faber-Castell die Kosten dafür trägt.

Von einer Mietpreisbremse war im Stadtrat Zirndorf bereits Anfang vergangenen Jahres die Rede. Als kurz vor den Kommunalwahlen bekannt wurde, dass die WBG die Mieten erhöhte, hatte das einen Sturm der Empörung zur Folge. Der Antrag der SPD, Mitsteigerungen in den Liegenschaften der städtischen Tochter zu deckeln, lief ins Leere. Die Geschäftsführung der WBG hatte sich damals eine Einmischung des Stadtrates entschieden verbeten. Seitdem ist das Thema vom Tisch.

Zwingel geht davon aus, dass Zirndorf die Klassifizierung erhält, um die Mietpreisbremse einzuführen. Er hält es jedoch für sinnvoll, erst abzuwarten, wie sich das Instrument in den Großstädten bewährt. Für ihn kann es nur ein Baustein im Kampf gegen die Wohnungsnot sein — ergänzend zu Bestrebungen, sozialen Wohnungsbau wieder mehr zu forcieren. In diesem Kontext verweist er auf zwei neue Wohnblöcke, mit denen die WBG in den vergangenen zwei Jahren Altbauten an der Breslauer Straße ersetzte.

Über kaum bebaubare Flächen zu verfügen, dieses Problem plagt auch Stein und Oberasbach. „Absoluten Stillstand“ bilanziert Steins Bürgermeister Kurt Krömer auf dem Wohnungsmarkt. „Bei uns nützt nicht einmal der dicke Geldbeutel etwas. Wir haben aktuell keine Baugebiete, wird eine Wohnung frei, wird sie in der Regel unter der Hand weitervermietet oder verkauft“. Ändern soll sich das mit zwei Ausweisungen, eine am Dinkelweg, die in Kürze für rund 60 Wohneinheiten zur Verfügung steht. Eine zweite soll am Jagdweg ausgewiesen werden. Trotz massiver Proteste von Naturschützern geht Krömer davon aus, dass das Areal in einem Dreivierteljahr baureif ist. Für 45 bis 50 Wohneinheiten wäre Platz.

Steins Kommunalbetrieb vermietet 143 Wohnungen in 25 Gebäuden im städtischem Besitz. Vor drei Jahren ist das eigenständige Unternehmen in den Wohnbau eingestiegen: Zwei Häuser mit elf Wohnungen entstanden. Das jüngste in der Ottilienstraße in Alt-Stein ist vor drei Wochen bezogen worden. Der Quadratmeter kostet 7,20 Euro. „Maklern und Baufachleuten zufolge hätten wir locker 9,50 Euro Miete verlangen können, doch dem Kommunalbetrieb geht es nicht um maximale Rendite“, berichtet Krömer. Mit einer Mietpreisbremse vor Ort hat er sich noch nicht befasst, da er davon ausgeht, dass sie Stein mangels Größe nicht berühren wird.

Kaum Fluktuation

Im Liegenschaftsamt Oberasbachs erreichen Anja Brand sehr häufig Anfragen vor allem von sozial Schwachen, doch sie kann kaum weiterhelfen. In den 80 relativ günstigen Wohnungen in städtischem Besitz ist die Fluktuation minimal. Auf dem Mietmarkt ist es „sehr eng“, bestätigt Bürgermeisterin Birgit Huber. Obwohl in den vergangenen 20 Jahren viel gebaut worden sei, stagnierte die Einwohnerzahl. Für Huber ist das ein Beleg, „dass vieles nicht optimal genutzt wird“. Immer wieder hört sie von Bürgern, sie würden darauf verzichten, Leerstände zu vermieten, um sich Ärger mit Mietern zu sparen. Da würde auch keine Mietpreisbremse greifen. „Wir haben eine Bevölkerungsdichte wie eine Großstadt, doch keine Flächen.“ So blieben nur Kleinkorrekturen, Nachverdichtungen und den Leerstand anzusprechen — in der Hoffnung, dass sich doch jemand entschließt, zu vermieten.

Keine Kommentare