Heimatpflege mit Staubwedel und Putzlappen
23.12.2009, 00:00 UhrZwei Mal im Jahr treffen sich die Damen vom Heimatverein zum Großputz von Heimatmuseum und Fronveste. An jedem ersten Sonntagnachmittag im Monat oder nach Anmeldung können Besucher dort zahlreiche Exponate aus der guten alten Zeit mit Bezug zu Langenzenn besichtigen: Die Einrichtung der alten Stadtapotheke, Urgroßmutters Küche - komplett mit Feuerstelle und Kaffeeröster - und natürlich die «Gute Stube» mit Ohrensessel und Familienporzellan.
Als stumme Zeugen ihrer jeweiligen Zeit sind die Schaustücke von unschätzbarem Wert. Die Aufgabe, sie zu erhalten und der Öffentlichkeit weiter zugänglich zu machen, leistet der Heimatverein in komplett ehrenamtlicher Kleinarbeit - und gemäß traditioneller Rollenverteilung: Die Männer sind für Reparaturen und Instandhaltung zuständig, die Frauen für die Reinlichkeit.
«Männer sehen Dreck nicht»
In diese Domäne lassen sie sich auch nicht reinreden. «Männer sehen den Dreck doch gar nicht», urteilt Lore Sellner, für die Organisation verantwortlich, und verweist auf Erfahrung mit dem «Lindenturm». An dem durften sich die Herren der Schöpfung genau einmal versuchen: Dass das Ergebnis nicht strengen weiblichen Ansprüchen genügte, räumt auch Ehemann Kurt Sellner ein, seines Zeichens Vorstand des Heimatvereins und direkt am «Lindenturm»-Experiment beteiligt: «Es war noch das eine oder andere Staubkorn sichtbar.»
Allerdings haben die Fachfrauen ein Problem: Ihnen fehlt der Nachwuchs, weit über sechzig beträgt inzwischen ihr Altersdurchschnitt. Die jüngste Mitstreiterin ist Mitte 50, Gisela, die Älteste, ist 84. Zehn Jahre war sie in der Putzkolonne aktiv. Jetzt spielt die Gesundheit nicht mehr mit, auch wenn die alte Dame noch rüstig wirkt. Zum Großputz ist sie trotzdem gekommen - sie hat den Kaffee mitgebracht, bei dem die Frauen nach getaner Arbeit zusammensitzen.
Auch das ist wichtig, denn schließlich geht es nicht um stumpfe Maloche, sondern um gelebte Heimatpflege, Wir-Gefühl mit eingeschlossen: Eine gebürtige Langenzennerin sei sie nicht, berichtet Gisela, aber sie habe trotzdem das Bedürfnis gehabt, etwas zu machen - «für die Allgemeinheit». Und im Heimatmuseum putzen, so die Damen unisono, mache auch mehr Spaß als im eigenen Haushalt.
Schon als Mädchen gelernt
Erika, 72, kam als Heimatvertriebene im Alter von acht Jahren in die Zennstadt. Richtig putzen hat die resolut wirkende Frau bereits als junges Mädchen gelernt, zunächst bei den Eltern, dann im Haushalt des örtlichen Brauereibesitzers. Später stieß sie fast automatisch zur Reinmach-Truppe des Heimatvereins: Als diese vor 15 Jahren ins Leben gerufen wurde, war sie mit ihrem Mann bereits Vereinsmitglied. Erikas primärer Zuständigkeitsbereich ist die «Apotheke».
Die Exponate aus der alten Stadtapotheke sind ihr besonders ans Herz gewachsen: «Mein Mann hat das ja mit aufgebaut.» Zusammen mit einer Kollegin braucht sie rund drei Stunden, bis alles abgestaubt ist und die alten Apothekerfläschchen wieder glänzen.
Warum es immer schwieriger wird, jüngere Frauen zum Mitmachen zu bewegen, darüber hat Erika eine eigene Meinung: «Die Jungen wollen sich doch die Hände nicht mehr schmutzig machen.»
An dieser Stelle wiegeln die Eheleute Sellner ab: «Die Jungen haben heute eben andere Prioritäten», vor allem seien sie zumeist berufstätig. Das will Erika allerdings auch nicht gelten lassen: «Sie haben genug Zeit, aber die benutzen sie lieber für eigene Interessen.»
Öffentliche Anerkennung für das Engagement der Putztruppe gibt es eher wenig, auch wenn sich Vereinschef Sellner redlich Mühe gibt und am Ende dieses November-Nachmittags «Christkind» spielt: Er hat neben einem kleinen Präsent für jede Ehrenamtliche auch ein paar Dankesworte parat: «Ihr macht Arbeit, die normalerweise erst dann auffällt, wenn sie nicht mehr gemacht wird.»
Zwei neue Freiwillige
Die Personaldecke ist mit acht Ehrenamtlichen inzwischen so dünn, dass sich der Heimatvereinsvorsitzende jüngst genötigt sah, im Mitteilungsblatt der Stadt Langenzenn eine Anzeige zu schalten. Immerhin zwei weitere Freiwillige hätten sich darauf gemeldet, berichtet Kurt Sellner. Dadurch ist die Putzkolonne wieder auf zehn Damen angewachsen.
«Mit zehn Leuten kommen wir im Normalfall zurecht», meint Lore Sellner dazu. Der Normalfall ist allerdings reine Glücksache, denn es fällt immer ein gewisser Anteil krankheitsbedingt aus oder ist anderweitig verhindert. Dann muss improvisiert werden: Beim vorangegangenen Großputz waren gerade mal fünf Frauen erschienen.
«Einige Arbeiten sind da eben liegen geblieben.» Diese seien dann nach und nach beim etwa alle vier Wochen von einem Zweier-Team verrichteten Zwischenputz nachgeholt worden. Wenn in naher Zukunft das Heimatmuseum um das so genannte «Schamberger Haus» erweitert wird, werde sich die Personalsituation noch weiter verschärfen, befürchtet allerdings Lore Sellner.