Horror-Clowns: Fürther Kinder sind verstört
26.10.2016, 06:00 UhrDie Angst vorm Horror-Clown geht um. Unter Fürther Schülern zählen die gruselig maskierten Gestalten, die Passanten erschrecken, wenige Tage vor Halloween zu den Hauptgesprächsthemen. Eltern berichten, dass sich Kinder deshalb nicht mehr alleine auf den Weg in die Schule oder zum Training machen wollen. Zwar gab es in Fürth noch keinen Vorfall, doch die Verunsicherung wächst – und wird sogar geschürt.
„17-Jähriger in Fürth von Killer-Clown niedergestochen“ lautet eine Schlagzeile, die derzeit im Netz kursiert. Am Montag meldeten sich mehrere Menschen in der FN-Redaktion, um zu erfahren, ob das stimme. Nein, tut es nicht, es handelt sich um bösartigsten Internet-Humbug. Die Nachricht, die den Finkenschlag als Tatort und Sonntagabend als Tatzeit angibt, wurde mit einer Webseite erstellt, auf der jedermann Meldungen erfinden und danach verbreiten kann. Allerdings ist die Fiktion nicht auf den ersten Blick erkennbar.
Auch in der Polizeiinspektion Fürth gingen deshalb Anrufe ein. „So was verunsichert schon, gerade Kinder“, sagt Polizeichef Peter Messing, der die Clown-Attacken nicht als harmlosen Unfug abtun will. „Man kommt da ganz schnell in die Nähe eines Straftatbestands.“ Erleidet das Opfer einen Schock, sei das Körperverletzung. Wer beim Erschrecken ein Messer oder einen Hammer schwingt, muss sich womöglich wegen Bedrohung verantworten.
Bisweilen laufen die Aktionen völlig aus dem Ruder: In Berlin ist am Montagabend ein 16-jähriger Horror-Clown niedergestochen worden, nachdem er eine Gruppe von Jugendlichen erschreckt hatte. Seinen Anfang nahm der zweifelhafte Trend in den USA, wo die Behörden seit zwei Jahren entsprechende Vorfälle registrieren. Inzwischen ist das Phänomen in Deutschland angekommen. Der jüngste Fall in der Region: Eine 16-Jährige soll sich in der Nacht zum Dienstag in Lehrberg (Landkreis Ansbach) fast zu Tode erschreckt haben, als sie beim Blick aus dem Fenster einen Clown mit Kettensäge sehen musste.
Sobald Eltern spüren, dass das Thema ihre Kinder bedrückt, sollten sie das Gespräch suchen, rät die Fürther Psychologin Agnes Mehl. Für viele Mädchen und Jungen seien die gruseligen Clowns noch verstörender als die Nachricht von einem Terroranschlag in einer fremden Stadt. „Sie sind viel näher an der kindlichen Erlebniswelt“, erläutert Mehl. Falls ein Kind deshalb vorübergehend nicht alleine unterwegs sein mag, sollten die Eltern das ernst nehmen.
In jedem Fall davonlaufen
Aber auch Erwachsene müssten sich überlegen, wie sie damit umgehen, wenn sie derart erschreckt werden. Wer in eine Geisterbahn steige oder zu einer Halloweenparty gehe, so Mehl, entscheide sich aktiv dafür, sich gruseln zu wollen. Ein Horror-Clown hingegen sei ein unberechenbarer Einbruch in den eigenen Alltag. Die Polizei rät, in jedem Fall davonzulaufen und Hilfe zu holen. Die Auseinandersetzung zu suchen, sei nicht ratsam.
Markus Just verfolgt die Entwicklung mit besonderem Ärger. Der 39-Jährige engagiert sich seit einigen Jahren als Klinikclown: Er und seine Mitstreiter besuchen ehrenamtlich kleine Patienten, um sie in schweren Stunden etwas aufzuheitern – auch in Fürth. Weil sie weiß geschminkte Clowns mit roten Augen selbst als unheimlich empfinden, seien sie beim Krankenhausbesuch nur dezent bemalt, lediglich die rote Nase gehört zur Pflichtausstattung.
"So eine Scheiß-Idee"
Der Clown, so Just, habe etwas Naives, Liebenswertes, wenn er sich auf die Ebene der Kinder begebe. Die aktuellen Vorfälle kratzten an diesem Image. „Ich fürchte, das wird unsere Arbeit erschweren“, sagt er, „dabei wollen wir nur etwas Positives bewirken.“ Just hofft, dass der Trend schnell wieder abebbt – und spricht unumwunden aus, was viele denken. „Ich kann nicht verstehen, wie man auf so eine Scheiß-Idee kommt.“
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