Ideen für Fürths Fortentwicklung gesammelt

6.9.2017, 21:00 Uhr
Ideen für Fürths Fortentwicklung gesammelt

© Foto: Earthship

Bessere Radwege, mehr Grün im Straßenraum, ein Ernährungsrat und neue Wohnformen: Was bei der Ideensammlung seit Mai an Vorschlägen im Welthaus eingegangen ist, kann sich sehen lassen. Präsentiert wird es am 14. Oktober beim zweiten Fürther Zukunftsmarkt CommOn in der Elan-Halle an der Kapellenstraße.

Zur Einstimmung hatte der Architekt Igor Kroneberg im März schon über die Stadtentwicklung in Lateinamerika referiert. Damit öffnete er den Blick über den Tellerrand, wie viele der Vorschläge zeigen. Aus Amerika stammt zum Beispiel die Idee eines Ernährungsrats. In Berlin und Köln wurde sie bereits umgesetzt.

Lebensmittel-Tauschregale

Auch in Fürth wird nun eine Arbeitsgemeinschaft aus Händlern, Landwirten, Gärtnern, Lebensmittelrettern, Slowfood-Initiativen und der Tafel angeregt, die – ausgehend vom Konzept der Ernährungssouveränität – der sozial gerechten Nahrungsproduktion und -verteilung dienen soll. Zu den lokalen Bausteinen können die im Hof der Diakonie an der Königswarterstraße aufgestellten Tauschregale für Lebensmittel und die Ausgabestellen der Tafel werden.

Besonders spannend ist die Anregung eines "Earthship"-Projekts in Fürth. Das ist eine autarke Wohnform in Gebäuden aus Recyclingmaterialien wie Autoreifen und PET-Flaschen mit eigener Energieversorgung und Wasseraufbereitung. Entwickelt hat die Idee vor 40 Jahren schon der US-Amerikaner Michael Reynolds. Inzwischen gibt es weltweit bereits etwa 1000 Earthships. Das erste in Deutschland wurde vor einem Jahr in der Ökosiedlung Tempelhof im nördlichen Baden-Württemberg bezogen.

Auf 155 Quadratmetern bietet es Gemeinschaftseinrichtungen für 25 Menschen. Ein integriertes Gewächshaus sorgt für natürliches Klima und eigene Nahrungsangebote. Rückzugsmöglichkeiten finden die Bewohner dieser sozialen Biosphäre in benachbarten Jurten und Bauwagen. Die wirtschaftliche Grundlage bildet ein Genossenschaftsmodell.

Das Earthship ist eine Antwort auf die gewaltige Müllproduktion der heutigen Zivilisation, die exzessive Verschwendung von Trinkwasser und Energie, die ausufernden Kosten zentralisierter Versorgungssysteme und die Unausgewogenheit zwischen moderner Architektur und unserem natürlichen Lebensraum. Sie bieten ganzjährig temperierten Wohnraum weitgehend ohne zusätzliches Heizen und versorgen alle Bewohner dezentral mit Wasser, Strom und Nahrungsmitteln unter minimalem Einsatz von Ressourcen.

Noch stehen in Deutschland vielerorts Bauvorschriften diesem Konzept im Weg. Sie verbieten zum Beispiel die eigene Wasserver- und -entsorgung. Um auf politischer Ebene die Bremsen zu lösen, sind nach den Sommerferien die Fürther Bundestagsabgeordneten Carsten Träger (SPD) und Uwe Kekeritz (Grüne) zur Vorbesichtigung der Ausstellung und Diskussion ins Fürther Welthaus eingeladen.

Grüne Straßenecken

Die Stadt wiederum könnte nach den Vorstellung von Teilnehmern des Ideenwettbewerbs mit einer eigenen Wohnungsbörse einen Beitrag zur Entspannung auf dem Mietmarkt sorgen.

Als "prima Idee" wertet die Bildungsreferentin der Einrichtung, Melanie Diller, zudem die Anregung, Straßenecken zu begründen. Das könnte nicht nur das Stadtklima verbessern, sondern auch den Einsatzkräften der Rettungsdienste nutzen, die in der engen Fürther Innenstadt oft genug von Falschparkern im Kurvenbereich behindert werden.

Vielfach gewünscht wurden Verbesserungen bei den Rad- und Fußwegen. Das zeugt davon, dass das Fahrrad als Alternative zum Auto in der verstopften und zugeparkten Stadt immer mehr Fürsprecher bekommt. Auch der Ruf nach Fahrradschnellwegen wird lauter. Noch immer lässt in Fürth die Anbindung der Südstadt an die Innenstadt zu wünschen übrig.

Auch nach dem offiziellen Ende der Sammlungsphase werden weitere Vorschläge für die nachhaltige Stadt von morgen vom Welthausteam noch angenommen. Im Anschluss an die Vorstellung beim Fürther Zukunftsmarkt ist die Präsentation der Ergebnisse des Ideenwettbewerbs im Welthaus geplant.

Workshops und Diskussion

Zum Zukunftsmarkt selbst sind etliche Workshops und eine Podiumsdiskussion geplant. Zahlreiche Aussteller sollen den Besuchern ausgewählte Beispiele für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster vor Augen führen. Veranstaltet wird er vom Weltladen in Kooperation mit dem Verein Bluepingu und dem Café Elli der kommunalen Beschäftigungsgesellschaft Elan.

Vor zwei Jahren ist im Elan der erste Fürther Zukunftsmarkt über die Bühne gegangen. An 25 Ständen wurde beispielhaft präsentiert, was es in der Region an Gemeinwohlunternehmen, alternativer Mobilität, Tausch- und Verschenkbörsen, fairen Handelsmodellen und neuen Wohnformen schon alles gibt. Es war ein Anstoß zu noch stärkerer Vernetzung nachhaltiger Initiativen.

Da kochte man mit Lebensmitteln, die sonst im Müll gelandet wären, und pflanzte in Recyclinggefäßen an. Experten steuerten ihr Wissen bei, und in sechs Workshops konnte man seine Vorstellungen von einer besseren Zukunft vertiefen.

 

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