„Keine Kaserne in der früheren Kaserne“
02.01.2004, 00:00 Uhr
Ab Mitte Februar werden die Bebauungspläne für den Pinder Park und die Westspange öffentlich ausliegen. Als Satzung in Kraft setzen kann sie der Stadtrat Norbert Ruffertshöfer, dem Chef der nichttechnischen Bauververwaltung, zufolge frühestens Ende April, Anfang Mai. Damit steht das 16 Hektar große neue Wohn- und Gewerbegebiet westlich der Innenstadt kurz vor der Vermarktung.
In der jüngsten Stadtratssitzung fand die geänderte Fassung des Entwurfs für die Bebauung des Pinder Parks bei drei Gegenstimmen aus den Reihen der CSU die Mehrheit des Plenums. Dem Bebauungsplan für die Westspange, die den neuen Stadtteil eines Tages über den Bibertgrund erschließen und als Umgehung für Leichendorf und Zirndorfs Innenstadt dienen soll, versagten die grünen Stadträte Kerstin Führes und Wolfram Schaa auch in der abgespeckten Variante die Zustimmung (siehe Artikel rechts).
Auf die Details der Einwände, die von Bürgern und Trägern öffentlicher Belange angemeldet wurden, ging das Plenum in der öffentlichen Sitzung kaum mehr ein. Das hatten die Kommunalpolitiker bereits hinter den Kulissen in internen Ausspracheabenden und Fraktionssitzungen ausdiskutiert.
Gefeiertes Projekt
So äußerten sich die Sprecher der großen Fraktionen denn auch wohlmeinend über das städteplanerische Großprojekt.
Als insgesamt schlüssig bezeichnete etwa Günther Keller, Fraktionssprecher der CSU, die Pläne. Der Forderung, „aus einer Kaserne nicht wieder eine Kaserne zu machen“, entspreche die nun angestrebte, weniger dichte Bebauung voll. Zudem soll künftigen Hausbesitzern erlaubt sein, die einzelnen Parzellen nach eigenen Wünschen zu bebauen.
Zwar sind in den Plänen hauptsächlich Doppel- und Reihenhäuser eingezeichnet. Wer allerdings ein frei stehendes Einfamilienhaus auf für Doppelhäuser ausgewiesener Fläche bauen möchte, der soll keine Steine in den Weg gelegt bekommen.
Gerne hätte, so Keller, die CSU-Fraktion mehr Flächen für Gewerbe reserviert und damit mehr Arbeitsplätze angesiedelt gesehen, doch die derzeitige Nachfrage spreche nicht dafür.
Eine Entwicklung, die auch dafür verantwortlich ist, dass die Stadt Zirndorf die ursprünglich vorgesehene Ansiedlung eines Baumarktes auf dem Gelände nicht weiter verfolgt. Die dafür freigehaltene, 2,3 Hektar große Sonderfläche ist gestrichen. Bereits bei der Stadt vorstellig gewordene Interessenten haben sich laut Ruffertshöfer zurückgezogen.
Das kommt der Wohnbaufläche zugute: Statt fünf Hektar sind jetzt 8,5 Hektar vorgesehen. Ruffertshöfer schätzt, dass es etwa sechs Jahre dauern wird, bis sich das Areal langsam füllt, die Häuser also stehen.
Für Gewerbe bleiben 3,3 Hektar reserviert. Einziehen darf hier „nichts, was stinkt, kracht und raucht“. Denn das, so Ruffertshöfer, funktioniert nicht. Wer im Pinder Park einem Geschäft nachgehen möchte, muss ein Gewerbe anmelden, das sich mit den Menschen, die hier leben, verträgt.
Platz für maximal 330 Wohneinheiten wird sich Ruffertshöfer zufolge auf dem Gelände zwischen Landratsamt und Staatlicher Realschule auftun. Für im Schnitt 250 Euro pro Quadratmeter können Häuslebauer Parzellen von 135 bis 500 Quadratmeter Grund erwerben. Die Vermarktung liegt in den Händen des Nürnberger Maklerbüros Munck, das von den Gebrüdern Krauß, zwei Nürnberger Bauunternehmern, die das Gelände vom Bund gekauft haben, beauftragt wurde.
Nach der Neuordnung der Flächen soll nun auch ein Kindergarten angesiedelt werden. Ursprünglich war die Kommune davon augegangen, den Nachwuchs der Neubürger in den Betreuungseinrichtungen der Innenstadt unterbringen zu können. Auch für soziale Zwecke ist Raum freigehalten. Ein Altenheim oder Betreutes Wohnen soll nach den Vorstellungen des Stadtrats hier einziehen.
Eine Korrektur, die Grünen-Stadträtin Kerstin Führes ausdrücklich begrüßte: „Das wertet den neuen Stadtteil auf.“ Positiv beurteilt hat sie auch, dass der Baumarkt aus dem Plan verschwunden ist, was ihrer Ansicht nach das Verkehrsaufkommen auf der Westspange reduzieren wird.
ZIRNDORF — Relativ wenige Einwände sind nach Einschätzung von Norbert Ruffertshöfer, dem Leiter der nichttechnischen Bauabteilung, im Zuge der öffentlichen Auslegung des Entwurfs für den Bebauungsplan des Pinder Parks im Rathaus eingegangen. Ganz anders dagegen die Resonanz auf die Pläne für die Westspange, die eines Tages das neue Wohn- und Gewerbegebiet im Westen Zirndorfs erschließen soll. Allein der Kreisverband des Bundes Naturschutz fand 158 Unterstützer für seinen Protest an dem umstrittenen Straßenbauprojekt.
Die Kritik deckt sich im Wesentlichen mit dem, was die BN Ortsgruppe Zirndorfs und die grünen Stadträte Wolfram Schaa und Kerstin Führes monieren: Natur und Umwelt würden durch das Bauwerk über den Bibertgrund massiv in Mitleidenschaft gezogen. Vermisst wird die Prüfung einer Nullvariante, also eine Erschließung über bestehende Trassen. Ebenso wenig habe die Verwaltung untersucht, inwieweit das neue Wohngebiet über ein besseres ÖPNV-Angebot ans Verkehrsnetz angeschlossen werden könnte. Stattdessen sei die Planung „einzig und allein auf den motorisierten Individualverkehr ausgerichtet“.
Schaa verurteilt das Millionen-Projekt als überzogen. Kosten und Nutzen stünden in keinem Verhältnis, mittel- und langfristig würden in Zeiten der Finanznot Gelder blockiert und „unnötigerweise Gestaltungsspielräume eingeengt, wenn nicht sogar verschenkt“. Und nicht zuletzt werde die Trasse der Bibertbahn zerschnitten.
„Wohngebiet verlärmt“
Eine statt der Westspange geforderte Anbindung des Areals über die Schwabacher Straße habe die Stadt geprüft, erläutert Ruffertshöfer. Weil diese Zufahrt aber ansteigend verliefe, würde der Verkehr lautstark einrollen, das südliche Wohngebiet also „verlärmt“. Ganz abgesehen davon, dass aus der Entlastung Leichendorfs von täglich 6000 Fahrzeugen dann nichts geworden wäre.
Allerdings haben die Einwände die Verwaltung veranlasst, doch etliches an den Plänen für die Westspange zu korrigieren. Die einschneidenste Korrektur: Der zweite Abschnitt von der Banderbacher zur Paul-Metz-Straße wird nicht weiterverfolgt, wovon man sich auch weniger Verkehr verspricht: Statt 11 500 Fahrzeuge rechnen die Planer nun mit 9200 Autos auf der Route. Was nach Einschätzung der Verwaltung auch die prognostizierte Verkehrslast auf der Rothenburger Straße und damit für die Stadt Oberasbach reduzieren wird.
Denn auch sie zählt zum Kreis der Kritiker: Oberasbach vertritt die Ansicht, dass die Planung dem Abstimmungsgebot benachbarter Gemeinden widerspricht und sorgt sich um ihre Bürger angesichts des zusätzlichen Verkehrs. Argumente, die Ruffertshöfer mit Schulterzucken quittiert. „Dass durch Oberasbach die Hauptverkehrsachse in den Westen verläuft, damit müssen unsere Nachbarn leben. Egal wer westlich vom Großraum etwas in die Wege leitet, das werden sie immer spüren“, sagt er.
Eine Frage der Zeit
Kommen wird die Westspange Ruffertshöfers Einschätzung zufolge auf jeden Fall, „fragt sich nur wann“. Denn eine Förderung des Freistaates ist fest in die Finanzierung des Neun-Millionen-Projekts eingeplant. Doch der streicht zurzeit kräftig an den Mitteln für den Straßenbau. Mit ein Grund dafür, das Planungsverfahren für den nördlichen Abschnitt zwischen Banderbacher und Paul-Metz-Straße auszusetzen. Auf Dauer sei der Pinder Park jedoch nicht über die Jakob-Wassermann-Straße und das Nadelöhr der Toreinfahrt beim Landratsamt zu erschließen.
Klar ist für Ruffertshöfer und die Mehrheit im Stadtrat: Wenn der Endausbau des neuen Stadtteils vonstatten geht, soll auch die Westspange funktionieren. Denn, so SPD-Fraktionssprecherin Sandra Hauber-Baumann im Blick auf den 16 Hektar großen neuen Stadtteil: „Wer A sagt muss auch B sagen.“ SABINE DIETZ