Kinder knöpfen sich Verkehrssünder vor
06.10.2012, 22:00 Uhr
„Heute erhalten Sie anstatt einer Verwarnung ausnahmsweise dieses Merkblatt“ — das steht auf den Handzetteln, die Günther Ahr, bei der Fürther Polizei zuständig für den Verkehr, mitgebracht hat. Es folgen diverse Verhaltenstipps für die Sicherheit rund um Schulen, zudem illustrieren vier bunte Zeichnungen brenzlige Situationen, wie sie sich nahezu täglich vor jeder Schule ergeben. Entstanden im Rahmen eines Malwettbewerbs unter Schülern, sollen sie allzu rücksichtslose Autofahrer zur Räson bringen, denn allein zum Schulstart in diesem Jahr musste die Polizei über 350 Verwarnungen oder Anzeigen aussprechen.
Gemeinsam mit der Verkehrswacht und dem kommunalen Verkehrsüberwachungsdienst kontrollierten die Ordnungshüter zwei Wochen lang das Umfeld der 15 Fürther Grundschulen. An der Spitze der hiesigen „Sünderkartei“ stehen heuer die Geschwindigkeitsverstöße: Neun Anzeigen und sage und schreibe 195 Verwarnungen gab es für Fahrer und Fahrerinnen, die vor den Schulen zu viel Gas gegeben hatten.
Eine nicht zu unterschätzende Gefahr ist das, mahnt die Polizei, muss doch immer damit gerechnet werden, dass Kinder plötzlich auf die Straße rennen. Verschärft wird die Situation ausgerechnet durch Eltern, die ihr Kind partout direkt vor dem Schultor aussteigen lassen. Zu Fuß kommende Schüler müssen sich dann durch unübersichtliche Autoreihen quetschen, außerdem wird Schulbussen der Weg versperrt. Da im Umfeld vieler Lehranstalten ein absolutes Halteverbot gilt, musste die Polizei auch hier 148 Verwarnungen verteilen — lieber wäre es den Beamten, würden sich die Eltern einsichtig zeigen.
Abgesehen von den Geschwindigkeitsverstößen, die in diesem Jahr stärker zu Buche schlagen, liegen die Zahlen in etwa auf Vorjahresniveau. Polizeihauptkommissar Ahr betont, dass jede Schule „ihre eigenen verkehrlichen Probleme“ hat und es deshalb einer individuellen Betrachtung bedarf, will man die jeweiligen Gefahren reduzieren.
„Verbesserte Einsicht“
An der Oberfürberger Grundschule etwa geben weniger die hohen Geschwindigkeiten Anlass zur Sorge, denn der Schuleingang liegt in einer Sackgasse; hier provozieren vor allem falsch haltende Autos unübersichtliche Situationen und Probleme für Schulbusfahrer. Abhilfe schaffen soll der von Kunstlehrerin Susanne Sprang betreute Malwettbewerb.
Vier Siegerentwürfe wurden auf die Flyer gedruckt, die nun von den Grundschülern unter Polizeiaufsicht an uneinsichtige Autofahrer verteilt werden. Der Gedanke dahinter: Autofahrer reagieren sensibler, wenn sie von einem Kind belehrt werden. Eine „verbesserte Einsichtsfähigkeit“ erhofft sich Ahr von diesem Pilotprojekt, das er als einen „anderen psychologischen Ansatz“ beschreibt.
Ein von Schülern gemaltes Bild, das um Hilfe schreiende Kinder zwischen kreuz und quer parkenden Autos zeigt — das dürfte kaum jemanden kalt lassen, so das Kalkül der Initiatoren. Leider – oder besser: glücklicherweise – lässt sich das während des Testtermins kaum nachvollziehen, denn während der halben Stunde vor Schulbeginn fährt gerade mal eine Handvoll Autos vor. Viele drehen gleich wieder ab, wenn sie die Uniformierten bemerken. Offenbar entfaltet die Polizeipräsenz der vergangenen Wochen ihre Wirkung.
Doch Günther Ahr macht sich keine Illusionen: Aus Erfahrung weiß er, dass nach wenigen Wochen nicht mehr viel von der vornehmen Zurückhaltung übrig sein wird. Deshalb soll die Aktion schon bald wiederholt werden.
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