Kleine Strategien gegen das Artensterben
13.5.2019, 06:00 UhrDie Abfallvermeiderin
Aktiver Artenschutz fängt schon beim Abfalleimer an. In ihm sollte so wenig wie möglich landen, denn: Vieles von dem, was wir hier wegwerfen, kommt auf Umwegen ins Meer und bedroht dort zahlreiche Tiere. Kerstin Seeger vom Nürnberger Umweltverein Bluepingu, der sich inzwischen auch in Fürth regelmäßig trifft, hat eine Reihe einfacher Tipps in Sachen Zero Waste. Anfangen kann man etwa im Bad oder in der Küche. Ein Stück Seife in einer hübschen Schale kann dort den Spender mit Flüssigseife ersetzen. Das spart Verpackung und Mikroplastik, das sich in der Umwelt anreichert.
Bei Wasser oder Softgetränken lohnt es sich, auf Glas- anstelle von Plastikflaschen zu setzen, am nachhaltigsten ist Leitungswasser in einer wiederbefüllbaren Flasche. Obst und Gemüse sollte man möglichst unverpackt kaufen – und auch nicht jedes Stück im Supermarkt in die dünnen Plastiktüten füllen, die es dort gibt. Vielmehr kann man das Grünzeug problemlos einzeln zur Kasse tragen – daheim wird es ja sowieso ausgiebig gewaschen oder geschält. Nach Hause transportiert wird der Einkauf dann im Stoffbeutel. Ihn sollte man immer zur Hand haben, also am besten in der Handtasche oder im Rucksack deponieren.
Die Naturschutzfachleute
Wer einen Garten sein Eigen nennt, der kann dafür sorgen, dass daraus ein kleiner Lebensraum für Tiere wird, davon ist Markus Erlwein überzeugt. Der Sprecher des Landesbundes für Vogelschutz appelliert deshalb daran, etwas mehr "Mut zur Wildnis" zu wagen. In ein paar Ecken sollte alles wuchern dürfen, was sich dort von selbst aussät. Viele Tiere sind nämlich auf Pflanzen spezialisiert, die wir gemeinhin "Unkraut" nennen. Auch der Rasen sollte etwas mehr Freiraum bekommen und seltener gemäht werden. Warum, so Erlwein, nicht mal einen Teil stehen lassen und nur einmal im Jahr kürzen? Bei Pflanzen rät er dazu, möglichst auf heimische Arten zu setzen, die der Tierwelt am meisten nützen. Wachsen sollten sie freilich nur in Bioerde, die ohne Torf auskommt und für die keine Moore trockengelegt werden müssen. Verzichten sollte man außerdem darauf, den Garten mit Kies zuzuschütten. Wer diese Ratschläge beherzige, könne selbst in Siedlungen, in denen immer mehr nachverdichtet wird, ein kleines Stück Natur schaffen, so Erlwein.
Schnell wird sich dort eine Vielzahl von Tieren ansiedeln – freilich auch solche, die man eher nicht um sich haben will. Stichwort Blattläuse oder Ameisen. Doch was kann man gegen diese Tiere unternehmen, ohne dabei anderen zu schaden? Reinhard Scheuerlein, Fürther Chef des Bundes Naturschutz, rät erst einmal zur Gelassenheit – selbst wenn sich etwa die Blattläuse an der Rose in scheinbar rasender Geschwindigkeit vermehren. Denn, so Scheuerlein, es dauert einige Zeit, bis die Nützlinge in ähnlich großer Zahl zu Hilfe eilen. Zu ihnen zählen etwa Marienkäfer und Florfliegen sowie deren Larven und Ohrwürmer. Für sie lohnt es sich, im Garten einen Unterschlupf zu schaffen. Eine Dose oder ein Blumentopf mit Holzwolle und kopfüber in einen Baum oder Strauch gehängt, leistet gute Dienste.
Lästig werden können im Garten auch Ameisen – vor allem, wenn sie das Pflaster untergraben. Dann, also wenn die Tiere wirklich Schaden anrichten, kann man auch zu etwas drastischeren Mitteln greifen – wobei Chemie natürlich tabu sein sollte. Scheuerlein rät in diesem Fall zu einer Mischung aus Puderzucker und Backpulver, die den Ameisen den Garaus macht, ohne dass dies anderen Tieren schadet. Ansonsten gilt auch hier: abwarten, bis die Nützlinge kommen. Der Grünspecht etwa, der die Tierchen massenhaft aus dem Rasen und den Beeten pickt.
Doch nicht nur Nützlinge sind hilfreich. Schon bei der Wahl der Pflanzen im Garten gilt es zu beachten, dass diese den für sie passenden Platz bekommen. Nur dort, so Scheuerlein, gedeihen sie gut – und können sich gegen Krankheiten und Schädlinge zur Wehr setzen. Beim Kauf der Gewächse sollte man sich deshalb beraten zu lassen.
Die Haushaltsexpertin
Ein wenig natürlicher darf es gern auch im Haushalt zugehen. Eine ganze Batterie von Putz- und Waschmitteln soll dem Verbraucher zwar suggerieren, dass es ohne die Chemiekeulen nicht geht, doch auf manches kann man getrost verzichten oder zumindest die Menge reduzieren. Erika Hitz, Fachoberlehrerin für Hauspflege an der Landwirtschaftsschule Fürth, rät etwa beim Wäschewaschen dazu, öfters mal zu hinterfragen, ob ein Kleidungsstück nach einmal Tragen wirklich schon in die Maschine muss. "Manchmal reicht es auch, es über Nacht nach draußen zu hängen und so gut durchzulüften", sagt sie. Auf diese Weise halten Anziehsachen auch länger – ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Dazu gehört auch, dass man das Waschmittel genau auf die Wäsche abstimmt, also Colorwaschmittel nur für Farbiges verwendet oder Empfindliches mit Feinwaschmittel wäscht. Die erste Wahl ist für Hitz übrigens Waschpulver, dessen Inhaltsstoffe die Kläranlagen besser rausfiltern können als bei der flüssigen Variante, die oft viele Duftstoffe enthält und darüber hinaus sehr viel mehr Verpackungsmüll verursacht.
Weichspüler übrigens hält Hitz für völlig verzichtbar – selbst wenn die Deutschen dafür laut einer Studie dreistellige Millionenbeträge im Jahr ausgeben.
Die Unternehmerin
Doch nicht nur zuhause lassen sich einige Dinge verändern, die ein klein wenig zum Artenschutz beitragen, auch Unternehmen besinnen sich auf eine nachhaltigere Produktion. Das bemerkt auch Maike Müller-Klier, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Fürth. Freilich, im Vordergrund stehe die Gewinnoptimierung, doch mehr und mehr spiele auch das umweltverträgliche Wirtschaften eine Rolle, sagt sie.
Aus diesem Grund ist die Fürther IHK auch bei der EMAS registriert. Das freiwillige Instrument der Europäischen Union – das Kürzel EMAS steht für Eco Management and Audit Scheme – unterstützt Unternehmen und Organisationen dabei, umweltfreundlicher zu werden. Regelmäßig überprüft die EMAS, ob die Standards eingehalten werden und gibt Anregungen, wo etwas noch verbessert werden kann. Die IHK wiederum berät vor allem mittelständische Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit.
Das Themenspektrum ist dabei vielfältig. Auf den Prüfstand kommen beispielsweise Dienstreisen mit dem Flugzeug innerhalb Deutschlands. Kann man sie vielleicht durch Zugfahrten ersetzen? Und ist Homeoffice ein gutes Instrument, um Pendelverkehr einzudämmen? Einen großen Spielraum gibt es bei Gebäuden. Sie werden energieeffizienter, Dächer werden begrünt und im besten Fall umgeben sie Blüh- und Grünflächen, die Insekten und Mitarbeiter gleichermaßen erfreuen. Unternehmen in der Stadt setzen zudem auf einen umweltfreundlicheren Fuhrpark: Müller-Klier hat beobachtet, dass dort immer mehr Pedelecs zum Einsatz kommen.
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