„Kunst am Zaun“ gibt Denkanstöße

6.7.2012, 22:00 Uhr
„Kunst am Zaun“ gibt Denkanstöße

© Günter Distler

Ursprünglich standen auf dem ehemaligen Brauerei-Areal in der Südstadt 159 Bäume. Weil die zur Münchner Inselkammer-Gruppe gehörende Immobilienfirma INKA Real Estate GmbH & Co. KG Fürth dort aber unter dem Projekttitel „Wohnpark Rednitzaue“ Stadtvillen, Penthäuser und andere Wohngebäude sowie einen Kindergarten und Spielplatz errichten will, mussten 84 Bäume Platz machen. Nach den Worten von Jürgen Tölk, stellvertretender Leiter des Fürther Amtes für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz, wurden mit dem Okay seiner Behörde inzwischen die letzten Bäume gefällt, darunter Eichen, Linden, Ahorne, Akazien.

Wie bereits berichtet, rückte die Säge den Riesen in Etappen zu Leibe. Ein Teil der Bäume wurde bereits Ende Februar gekappt, andere wurden entastet, damit Vögel sich ihre Kronen nicht mehr zum Brüten aussuchen konnten, blieben aber als aufsehenerregende Torsi zunächst stehen.

Der Grund für die Entastung war eine reine Vorsichtsmaßnahme: Naturschützer hielten es für denkbar, dass Fledermäuse ihren Winterschlaf in Rindenrissen oder Asthöhlen abhielten. Um sicherzugehen, dass die potenziellen Bewohner ausfliegen, sich neue Fledermäuse aber nicht einnisten konnten, so Tölk, habe ein Fledermaus-Experte einzelne Baumhöhlen mit einer Spezialfolie präpariert.

Im April hatte dann aber auch diesen Bäumen das letzte Stündlein geschlagen: Auch sie wurden abgeholzt. Im Nachhinein zeigte sich laut Tölk zwar, dass alle Bäume unbewohnt waren. Dennoch: Rein vorsorglich seien auf dem Gelände an den verbliebenen Bäumen 30 Fledermaus-Kästen angebracht worden — Nistplätze für etwaige neue Bewohner.

Die Abholzaktion hatte nicht nur Anwohner so schockiert, dass eine Betroffene von „Mord vorm Küchenfenster“ sprach. Auch Susa Schneider war entsetzt. Mit einer „Trauermeile“ wollte die Künstlerin direkt an Ort und Stelle gegen den „Kahlschlag“, aber auch gegen ein „auf Profit angelegtes“ Bauprojekt protestieren. Den „teuren Wohnraum“, der da entstehe, argumentierte sie, könnten sich viele Fürther ohnehin nicht leisten. Hingegen gebe es zu wenig alternative Wohnprojekte wie Mehrgenerationenhäuser in der Stadt.

Das „Kunstwerk der Unzufriedenheit und Ohnmacht“ sollten Kinder und Erwachsene direkt am Brauereizaun gestalten — mit Holzkreuzen, Kerzen, Bildern und Texten über ihre Wut, ihre Trauer, ihre Ideen für andere Bau-, Wohn- und Lebensformen. Doch Grundstückseigentümer INKA Real Estate verwehrte Schneider die Erlaubnis, den Zaun anzutasten. Daher verschob sie ihr Projekt auf einen anderen Zeitpunkt und Ort.

In der früheren Kinderklinik (Jakob-Henle-Straße 1), wo Schneider und andere Künstler das „Kreativ- und Kunst-Centrum Clinc“ eingerichtet haben, findet es nun statt. Ab Donnerstag, 12. Juni, 13 Uhr, können alle Fürther das Werk mitgestalten. Es gilt, acht Bauzaun-Elemente zu schmücken und zu bestücken. Am Freitag, 13. Juli, beginnt um 16 Uhr unter dem Motto „Kunst am Zaun“ ein Aktionstag, an dem sich Künstler mit Darbietungen von der Cyber-Show bis zur Offenen Fellwerkstatt beteiligen. Mit von der Partie sind auch die Schule der Phantasie und kreative Köpfe von der Nürnberger Zentrifuge. Ziel seien „Denkanstöße für ein andersgrünes Leben“, sagt Schneider. Einem Verantwortlichen von INKA Real Estate zufolge soll es im „Wohnpark Rednitzaue“ einmal mehr Bäume als zuvor geben.

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