Laternenumzüge: Pegida wollte Stadt Fürth erpressen

11.11.2016, 19:50 Uhr
Laternenumzüge: Pegida wollte Stadt Fürth erpressen

© Hans-Joachim Winckler

Die Nachricht, dass Kinder in der Fürther Altstadt nicht mit ihren Laternen durch die Straßen ziehen werden, weil dort Rechtspopulisten Sankt Martin für ihre Zwecke benutzten und Gegendemonstranten protestieren, hat am Freitag für eine Welle der Empörung im Netz gesorgt, bei der Stadt Fürth gingen zahlreiche verärgerte Anrufe ein. Die Kommune, die durch eine Verlegung der Demo die absurde Situation erst herbeigeführt hat, reagierte mit einer Pressemitteilung, in der sie sich "bei den Kindern, Eltern und der Kirchengemeinde für das Versehen in der Stadtverwaltung" entschuldigt, man bedauere die Kollision der Veranstaltungen außerordentlich.

Das Ordnungsreferat hatte die Demo an den Obstmarkt verlegt, um Anwohnern und Geschäftsleuten am Bahnhofplatz diesmal Unannehmlichkeiten zu ersparen. Bei der Suche nach einem Ausweichort seien die Laternenumzüge "bedauerlicherweise nicht ins Blickfeld" geraten. Um den Schaden zu begrenzen, hatte die Stadt am Donnerstag mit Vertretern der Kirchengemeinde St. Michael nach Lösungen gesucht und eine alternative Route für den Laternenumzug des "Storchennests" vorgeschlagen. Oberbürgermeister Thomas Jung entschuldigte sich am Abend bei der Gegendemonstration noch einmal persönlich für den Fehler der Stadt.


Hätte Fürth die Pegida-Demo absagen können?


Reagiert hat auch der Nürnberger Pegida-Ableger: "Es tut mir leid für die lieben Kinder", sagt Gernot Tegetmeyer in einem Video auf der Facebookseite von Pegida Nürnberg, das er am Freitagmittag als Stellungnahme zum Wirbel in Fürth postete. Er wolle klarstellen, dass seine Mitstreiter und er nicht verantwortlich für die Situation seien: "Wie sich herausgestellt hat, hat die Stadt Fürth das Ding verbockt."

Dennoch sei Pegida jetzt mal wieder unter Beschuss, klagt Tegetmeyer: "Wir sollen als die Bösen hingestellt werden." Anschließend inszeniert er sich als derjenige, der um eine Lösung bemüht war und der Stadt die Hand reichte: Er habe dem Ordnungsamt am Freitag angeboten, die Kundgebung um acht Tage zu verschieben. Verknüpft war das allerdings mit verschiedenen Forderungen - Tegetmeyer selbst spricht von "Angeboten".

Er verlangte, dass Gegendemonstrationen künftig mindestens 300 Meter Abstand halten müssten ("Das würde deeskalieren") und Prostestkundgebungen vor seinem Haus künftig unterbleiben. Hätte sich die Stadt für die Zukunft zu einem "vernünftigen Umgang" mit Pegida bereiterklärt, hätte er die Sankt-Martins-Kundgebung auf nächsten Freitag verschoben.

"Unannehmbare" Bedingungen

Als "unnannehmbar" bezeichnete Fürths Ordnungsamtsleiter Hans-Peter Kürzdörfer die Forderungen. Auch rechtlich halte man sie für nicht zulässig. Das Versammlungsrecht sei ein hohes und stark geschütztes Gut in Deutschland. Genauso wenig wie die Stadt Pegida verbieten könne, an einem bestimmten Tag zu demonstrieren, könne sie pauschal ein Verbot für Kundgebungen vor Tegetmeyers Haustür erlassen oder Abstandsregelungen für Gegendemonstrationen. Jeder Fall müsse individuell betrachtet werden. Gefordert hatte Pegida laut Kürzdörfer auch, dass sich die Stadt nicht mehr an Aufrufen zu Gegendemonstrationen gegen Pegida beteiligt.

Was Tegetmeyer in dem Video nicht berichtet: Ursprünglich war nicht er auf die Stadt zugegangen, sondern die Stadt auf ihn. Wie Kürzdörfer sagt, habe er ihn am Morgen, als die Empörung vieler Bürger spürbar wurde, angerufen und gefragt, ob Pegida angesichts der Umstände bereit wäre, die Demo ausfallen zu lassen. Das habe der Pegida-Mann zu dem Zeitpunkt abgelehnt und juristische Schritte angekündigt, sollte die Stadt die Veranstaltung noch verbieten.

Fest steht: Wäre Tegetmeyer daran gelegen gewesen, den Kindern einen unbelasteten Martinsabend zu bescheren, hätte er die Demo einfach ausfallen lassen können und zu einem anderen Zeitpunkt wieder anmelden können.

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