LEZ-Neubau: Klare Mehrheit lehnt Architektur ab
18.3.2018, 16:00 Uhr1167 Menschen stimmten innerhalb von einer Woche bis Samstagvormittag ab – eine für Votings der Lokalredaktion ungewöhnlich hohe Beteiligung. Keine Frage, das Thema bewegt die Gemüter der Fürther. Der Unmut hatte sich zwar bereits seit längerem in Online-Kommentaren und Leserbriefen an unsere Zeitung entladen; doch bewusst warteten die FN mit der Abstimmung so lange, bis die Gerüste am Komplex mit seinen modernen Kuben abgebaut und die Fenster eingebaut waren. Nur dann, so unsere Ansicht, ist eine Beurteilung der städtebaulichen Wirkung möglich.
Das Urteil mildert der unverstellte Blick aber offenbar ebenso wenig wie die Erläuterung von fünf Experten, um die wir vor einer Woche gebeten hatten. (FN-Ausgabe vom 11. März, nachzulesen sind die Statements auch online unter www.nordbayern.de/fuerth). Drei von ihnen waren dabei zu einer mehr oder minder positiven Bewertung der Architektur gelangt. Der Baukörper sei "geschickt gestaffelt, eine gelungene Mischung aus Bescheidenheit und Eleganz", befand etwa der von uns befragte Nürnberger Architekt Gerd Frese.
Dieser Einschätzung mochten nicht viele unter den Laien folgen: 850 senkten den Daumen gänzlich, 161 (rund 14 Prozent) der Teilnehmer entschieden sich immerhin für die Antwort "Das Gebäude gefällt mir zwar, aber nicht an dieser Stelle". Ganze 63 (fünf Prozent) meinen: "Das Gebäude kann sich zwar sehen lassen, aber es ist zu groß geraten". Und nur 93 (acht Prozent) beurteilen den LEZ-Neubau rundweg positiv: "Die moderne Architektur ist gelungen und passt auch an diese Stelle."
Auch in den Kommentaren unter www.nordbayern.de/fuerth, auf der FN-Facebookseite und in den Leserbriefen an die Redaktion ist die Zahl positiver Rückmeldungen verschwindend gering. Die große Mehrheit übt teils erbitterte Kritik. Tenor: "Der Bau ist zu wuchtig an der Stelle und wirkt wie ein Fremdkörper." (wackeldackel in einem Online-Beitrag). Und: "Wie konnte das passieren? Der Architekt lässt jedes Gespür für Proportion und Raum vermissen" (Franz62).
Solche Töne – und erst recht die sehr deutlichen Umfrage-Ergebnisse – können auch dem unmittelbaren LEZ-Nachbarn und entschiedenen Befürworter des Projekts, Oberbürgermeister Thomas Jung, nicht gefallen. Auf Nachfrage der FN gab er sich indes nicht allzu überrascht – denn moderne Architektur habe es "immer schwer" in der öffentlichen Wahrnehmung. Das sei auch in Fürth in der Vergangenheit oft zu beobachten gewesen.
"Sehr gewöhnungsbedürftig"
Und wie denkt Jung selbst über das Erscheinungsbild des Gebäudes, das nach dem Siegerentwurf eines Architektenwettbewerbs aus dem Jahr 2013 entstanden ist? Komme man "vom Obstmarkt her", also von Nordwesten, sei der hoch aufragende Komplex "sehr gewöhnungsbedürftig", meint der OB; betrachte man ihn hingegen von der anderen Seite, vom Kohlenmarkt aus, wirke er auf ihn "sehr gelungen".
Allerdings, sagt der Rathauschef, müsse das LEZ eine gewisse Größe aufweisen, sonst wären, wie er beteuert, keine Millionenzuschüsse aus Steuertöpfen des Bundes geflossen. Die Vorgabe aus Berlin habe gelautet: Es muss ein Bau entstehen, der dem Anspruch "nationaler Bedeutung" gerecht wird.
Das wird die Kritiker vor Ort wohl kaum besänftigen – eher im Gegenteil. Ob das LEZ-Gebäude schon "in Kürze kein Aufreger mehr sein" wird, wie es Fürths Kunstgalerie-Chef Hans-Peter Miksch prophezeit – es bleibt abzuwarten.
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