"Mademoiselle Marie“: Ein Sommer der prallen Domadn
14.12.2014, 19:00 UhrDraußen, vor den Studiofenstern, wabert es spätherbstlich grau in grau durch den Fürther Wiesengrund. Der Temperaturumschwung drinnen ist zwar rein akustischer Natur, wirkt aber genauso zuverlässig wie ein strahlender Sommertag. Der Gute-Laune-Swing, den die Musiker produzieren, verfehlt seine Wirkung auch auf den Komponisten nicht: „Das ist einfach ein Riesenerlebnis“, sagt Matthias Lange.
Selbst für ihn ist dieser Moment eine Art Premiere. Natürlich hat Lange rund ein halbes Jahr lang intensiv am Soundtrack für die neue Musical-Produktion der Cadolzburger Burgfestspiele gearbeitet. „Doch ich sitze beim Komponieren nach wie vor am Flügel und halte alles mit dem Bleistift auf Papier fest“, macht er klar. Dann folgen erste Hörproben am PC, sobald die Arrangements fertig sind, die in diesem Fall von Thilo Wolf und Christoph Müller stammen. Der erste Eindruck der Live-Einspielung mit großer Besetzung ist dann trotzdem noch einmal etwas Besonderes.
„Mademoiselle Marie“ ist die vierte Zusammenarbeit von Lange mit dem Autor Fritz Stiegler, gemeinsam ließen die beiden zum Beispiel den „Aeronauticus“ abheben, jene Story, die sich liebevoll dem Flugpionier Gustav Weißkopf widmete. Diesmal dreht sich alles um Marie, eine selbstbewusste Bäuerin, deren Mann zehn Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch immer in Russland vermisst wird.
Zögernd lässt sich die junge Frau auf eine Beziehung mit François ein, der als französischer Kriegsgefangener nach Franken kam und blieb. In diesem Augenblick ahnt Marie nicht, dass die schwierigste Entscheidung noch vor ihr liegt.
Das fränkische Musical wird in die fünfziger Jahre führen, damit rücken für Matthias Lange als Komponist Swing und Rock’n’ Roll in den Fokus. Die Zusammenarbeit mit Fürths Jazzfachmann und Kulturpreisträger Thilo Wolf und seiner Big Band erscheint da nur folgerichtig. „Klar, das passt super, wir sind der Fachbetrieb für diesen Sound“, sagt der Bandleader lachend. Eine Spur weniger vertraut dürften für Wolf und seine Musikerinnen und Musiker möglicherweise die Titel jenr Nummern sein, die an diesem Morgen auf den Pulten liegen.
Den Anfang macht zum Beispiel ein Song, der mit „Bisd hold doch a gscheida Kuh“ überschrieben ist. Später wird „Die Domadn“ folgen. Bei der Feinabstimmung im Studio bleiben die fränkischen Liedtexte allerdings noch außen vor. „Ich hätt’s gerne ein bisschen schneller, damit es etwas mehr nach vorne geht“, bittet Lange, der neben Tonmeister Tom Appl Platz genommen hat. Wolf nickt. „Ja, stimmt. Im Moment ist das eine Spur zu satt. Das darf ruhig ein bisschen dirty klingen.“
Zwölf Musiker sitzen im großen Studio vor dem Bandleader am Piano. Schlagzeuger und Gitarrist sind in kleineren Extra-Räumen untergebracht. Neben Andreas Blüml stehen griffbereit gleich vier Gitarren. Welche zum Einsatz kommt, hängt vom Stück ab: „Die unterschiedlichen Instrumente unterstreichen den jeweiligen Stil – von rockiger bis zum typischen Big-Band-Sound der fünfziger Jahre.“
30 Titel
Vier Songs werden konzentriert hintereinander eingespielt. Es ist der Anfang auf dem arbeitsintensiven Weg zur Premiere. „Insgesamt müssen 30 verschiedene Titel aufgenommen werden“, sagt Lange. Das übernehmen neben der Thilo Wolf Big Band in großen Teilen im Frühjahr auch die Nürnberger Symphoniker. Bei den Open-Air-Aufführungen der Cadolzburger Burgfestspiele im kommenden Sommer werden die Aufnahmen für Sänger und Chöre als Playback dienen. „Gesungen wird live“, macht Matthias Lange klar. Außerdem wird es eine Gesamtaufnahme als CD geben; die dient den Machern als Dokumentation, ist aber zudem für den Verkauf bestimmt.
Im Studio sind inzwischen die „Domadn“ an der Reihe. So, wie es jetzt klingt, müssen das einfach sonnengereifte, pralle Prachtexemplare sein. . .
*Mit ihrer „Fränkischen Weihnacht“, dem „Musiggl mit Diefgang“, das ebenfalls aus der Feder von Matthias Lange und Fritz Stiegler stammt, gastieren die Cadolzburger Burgfestspiele am 20. und 21. Dezember (jeweils 19.30 Uhr) abermals in der Comödie (Theresienstraße 1). Restkarten (22-36 Euro) bei Franken-Ticket am Kohlenmarkt und an der Abendkasse.
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