Masern sind zurück: Fürther Chefarzt rät zur Impfung
18.2.2015, 06:00 UhrDaraus wird wohl nichts: Eigentlich hatte Deutschland der Weltgesundheitsorganisation zugesagt, bis Ende 2015 die Masern im eigenen Land besiegt zu haben. Jetzt registrierte aber das Robert-Koch-Institut (RKI), dass allein in Berlin in den vergangenen vier Monaten über 400 Menschen daran erkrankten, darunter viele Erwachsene. Auf Platz zwei der RKI-Liste steht Niedersachsen, Bayern folgt. Der Ausbruch begann nach Angaben der Behörden unter Asylbewerbern aus Bosnien-Herzegowina und Serbien. In den Balkanländern gab es jahrelang große Impflücken.
Hierzulande entscheiden sich manche Eltern bewusst gegen eine Immunisierung ihrer Kinder, oft aus Angst vor möglichen Komplikationen. Prof. Dr. Jens Klinge, Chefarzt der Kinder- und Jugendklinik im Fürther Klinikum, hält diese Sorge für unbegründet und rät dringend zur Impfung: „Gerade im jungen Kindesalter wird sie gut vertragen.“
Hartnäckig hält sich zudem die Annahme, es wäre besser, das Kind würde einmal die Krankheit durchmachen, anstatt einfach von einem Arzt in den Arm gepiekst zu werden. Väter und Mütter, die ihre Kinder auf sogenannte "Masern-Partys" schicken, um sie dort anzustecken, handeln in Klinges Augen fahrlässig. Zwar werde die Infektion oft gut überstanden. Doch es kann auch ganz anders laufen. Die roten Punkte sind keinesfalls zu unterschätzen: Sie können eine schwere Entzündung des Gehirns hervorrufen. Besonders fatal ist die sogenannte SSPE (subakute sklerosierende Panenzephalitis) - eine Späterkrankung der Masern, die Klinge zufolge immer zum Tod führt und Jahre nach der Maserninfektion auftreten kann.
In jüngster Zeit wurden auch im Fürther Klinikum Masern-Patienten behandelt. Allerdings waren das Einzelfälle, sagt Klinge. Wie in Berlin waren vor allem Flüchtlingskinder erkrankt.
Um eine Ausbreitung zu verhindern, fordert das RKI dringend eine Masern-Mumps-Röteln-Impfung für Asylsuchende, die aus Bosnien und Herzegowina in Deutschland ankommen. In der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf hat man bereits reagiert: Balkan-Flüchtlinge werden schriftlich und in Muttersprache aufgefordert, sich impfen zu lassen, bestätigt auf FN-Nachfrage Ruth Kronau-Neef, Sprecherin der Regierung von Mittelfranken.
Schmerzhafte Bläschen
Ähnlich unerfahren wie beim Thema Masern sind viele Eltern, wenn bei ihrem Kind die Hand-Fuß-Mundkrankheit diagnostiziert wird: eine hochansteckende, aber meist ungefährliche Krankheit, die in den vergangenen Monaten in manchen Kindergärten die Runde machte und an der sich auch Erwachsene anstecken können. Weil die Erkrankung nicht meldepflichtig ist, sind Aussagen darüber, wie häufig sie zuletzt auftrat, schwierig.
Eine Impfung gibt es für diese Kinderkrankheit nicht. Ebenfalls durch einen Virus ausgelöst, verläuft sie „eher harmlos“, wie Klinge sagt. Häufig beginnt es an den Handinnenflächen: Rötungen werden sichtbar, es entwickeln sich kleine Entzündungen. Fußsohlen, Mundhöhle und Lippen folgen. Gerade Letzteres kann sich als problematisch herausstellen, da die Kinder wegen der schmerzhaften Bläschen nur noch schwer essen oder trinken können.
Damit im Kindergarten nicht aus einem kranken Kind zehn werden, müssen Erzieher richtig reagieren. „Die Viren fliegen zwar nicht weit“, sagt Klinge, aber einmal kräftig Husten genüge auch, um andere drumherum zu infizieren. Sybille Fritzwanker, stellvertretende Chefin im Kindergarten „Stadtparkknirpse“, weiß sofort, was bei der Diagnose Hand-Fuß-Mund-Krankheit zu tun ist. Nämlich waschen. Und zwar alles: Kissenbezüge, Schlafsäcke, Decken, ja sogar Spielzeug — das wird einfach in die Spülmaschine gesteckt. „Gerade die Spielsachen werden ja von den Kleinen in den Mund genommen. . .“, sagt die Erzieherin.
Rätsel gibt manchen Eltern schließlich noch der Hüftschnupfen auf. Auch wenn es sich so anhört: Ansteckend ist er nicht. Auch handelt es sich nicht um eine Erkältungskrankheit, sondern um ein Symptom, das meist in Folge eines viralen Atemwegsinfekts auftritt. Beim Coxitis fugax — wie das Leiden im Fachjargon heißt — hat sich ein Erguss am Hüftgelenk gebildet. Die Entzündung kann beim Laufen starke Schmerzen bereiten, so dass das Kind zu humpeln beginnt. Eltern sind beim Anblick ihres hinkenden Kindes oft höchst irritiert, müssen sich laut Klinge jedoch keine allzu großen Sorgen machen: „Nach ein bis zwei Wochen verschwindet der Hüftschnupfen meist von selbst.“ Ähnlich wie ein Schnupfen.
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