München sagt Nein: Schluss mit Tempo 30 in Cadolzburg
5.2.2021, 20:00 UhrFür Radfahrer, Fußgänger, Senioren und Kinder bedeutet das: Auf der Ortsdurchfahrt lebt es sich künftig wieder gefährlicher. Das Bedauern darüber ist allseits groß, etwa bei Matthias Dießl. Der Landrat ist schließlich auch Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK) in Bayern, die es sich zum Ziel gesetzt hat, den Radverkehr im Freistaat voranzubringen. Dießl hatte seinerzeit mit dafür gesorgt, dass der Modellversuch "Tempo 30 in Hauptverkehrsstraßen" im November 2018 in Cadolzburg starten konnte.
Denn: Die zentrale Route durch die Marktgemeinde ist mit rund 18.000 Fahrzeugen täglich nicht nur stark belastet, die Enge der Straße lässt zudem weder einen Streifen noch einen eigenen Weg für Radler zu.
Drei Partner in einem Boot
Auf den 600 Metern zwischen dem Rathaus und der Einmündung der Steinbacher Straße wurde seitdem untersucht, wie sich die Geschwindigkeitsreduzierung auf die objektive und subjektive Sicherheit der Radler sowie "das Miteinander im Mischverkehr" auswirkt. Dies übernahm die TU Nürnberg, neben der AGFK und dem Freistaat Bayern der dritte Partner im Boot.
Ginge es allein nach den subjektiven Eindrücken, wäre die Sachlage klar – die Tempo-30-Schilder müssten schnellstens wieder montiert werden. Eine "sehr positive Auswirkung insgesamt auf Cadolzburg" hat der Landrat wahrgenommen. Bürgermeister Bernd Obst kann da nur beipflichten. Abgesehen von wenigen kritischen Stimmen habe ihn sehr viel Zustimmung aus der Bevölkerung erreicht, sagte er. Beim Überholen der Radler hielten die Autofahrer mehr Abstand. Generell – speziell aber für Kinder, Senioren oder Menschen mit Bewegungseinschränkungen – sei es leichter gewesen, die Straße zu überqueren.
Auch Autofahrer profitierten
Selbst wer mit dem Pkw, etwa zum Einkaufen, im Ortszentrum unterwegs war, profitierte nach Obsts Beobachtungen. Stressfreier konnten die Parkstreifen links und rechts der Staatsstraße genutzt werden.
Der Bürgermeister hatte mit Blick auf die positiven Erfahrungen und die besonderen Gegebenheiten vor Ort deshalb darauf gehofft, dass es bei Tempo 30 bleiben könnte. Doch der Landrat und er blitzten sowohl bei Innenminister Joachim Herrmann und bei Verkehrsministerin Kerstin Schreyer ab.
Ein "Nein" aus München
Moderat im Ton, aber unmissverständlich in der Sache, so Obst, habe ein Schreiben aus München auf die Straßenverkehrsordnung (StVO) verwiesen, die ein solches Vorgehen derzeit nicht zulässt. Er befürchtet nun, das hat er Herrmann wissen lassen, "Unruhe und Unverständnis" in nicht unerheblichem Ausmaß bei den Bürgern. Und das aufgrund einer Entscheidung, "für die wir nichts können".
Allerdings war es eben ein – zeitlich begrenzter – Modellversuch. Daran erinnert Matthias Dießl. Ohnehin standen die 30er-Schilder in Cadolzburg länger als ursprünglich geplant. Das Projekt hätte nämlich bereits im Frühjahr vergangenen Jahres enden sollen. Doch die Uni brauchte mehr Zeit. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen in den nächsten Monaten vorgestellt werden.
Nur die Änderung der StVO hilft
Landrat und Bürgermeister hoffen, dass diese Erkenntnisse auch in eine mögliche Änderung der Straßenverkehrsordnung einfließen könnten. Das wäre zwar die Sache des Bundes, anstoßen könnte das aber der Freistaat. Und dafür wollen Dießl und Obst in einem weiteren Gespräch mit dem Innenminister werben. Ziel müsse es sein, dass Verkehrsbehörden auf lokaler Ebene entsprechend tätig werden dürften.
Möglich wäre das: Der Landrat führt schon vor Jahren vorgenommene Änderungen in der StVO an. So ist es beispielsweise auch auf Hauptverkehrsstraßen möglich, vor Kindergärten, Schulen und Seniorenheimen Tempo 30 anzuordnen. Weder das eine noch das andere findet sich aber an der Cadolzburger Ortsdurchfahrt. Aktuell dürfte das nicht nur der Bürgermeister bedauern.
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