Nach Prügelattacke: "Hardhöhe-Gang" steht vor Gericht

Ulrike Löw

1.4.2019, 19:44 Uhr

In Fürth war ordentlich was los: An jenem Wochenende wurde das Fürth Festival zelebriert, zig Musik-Bands traten auf – ein besseres Datum hätten die Männer, die feucht-fröhlich den Junggesellenabschied eines Freundes feierten, kaum wählen können. Gegen 22 Uhr wollten sie den Abend im Garten eines Freundes ausklingen lassen, sie fuhren mit der U-Bahn zur Hardhöhe.

Zu diesem Zeitpunkt standen Theo S. (Name geändert) und zwei seiner Arbeitskollegen schon seit Stunden vor dem dortigen Edeka-Supermarkt – sie begossen ihren Feierabend mit Bier und Schnaps. Zwei alkoholisierte Gruppen trafen aufeinander – und wie so oft eskalierte der Streit.

"Unsere T-Shirts haben provoziert", meint der Geschädigte (34), der als Nebenkläger auftritt. Zum Junggesellenabschied trugen der Bräutigam und seine sieben Freunde T-Shirts, die dem Trikot der Fußball-Nationalmannschaft ähnelten. Am U-Bahnhof Hardhöhe seien sie von Theo S. und dessen Kumpels wegen dieser Trikots als "Scheiß Deutsche" tituliert worden, die Hardhöhe sei "ihr Revier", sie sollten das Weite suchen.

"Deutsche mit Nationalstolz"

Es kam zum Wortwechsel, per Handy telefonierte einer der Begleiter des Theo S. drei weitere Kumpels herbei – sie befanden sich ohnehin in der Nähe. Dass das Deutschland-Trikot zum Zankapfel wurde, weisen die Angeklagten von sich: Sie seien auch Deutsche mit Nationalstolz, sagt einer, so eine Beleidigung ergäbe keinerlei Sinn.

Doch warum es soweit kam, dass sie, sechs junge Männer, alle zwischen 19 und 20 Jahre alt, als Schläger vor der Jugendkammer I des Landgerichts Nürnberg-Fürth sitzen, kann allerdings auch keiner von ihnen erklären. Fest steht: Am Ende des Abends kam der Bräutigam mit einer geplatzten Lippe davon, doch den Nebenkläger erwischte es schwer: Er musste zig Schläge und Tritte einstecken, selbst als er zu Boden ging, sollen einige der Angeklagten auf ihn eingetreten haben.

Er selbst habe Schwierigkeiten, sich zu erinnern, wohl auch, weil er zeitweise ohnmächtig wurde. Eine Woche lag er im Krankenhaus: Sein Unterkiefer, das Jochbein und auch der linke Augenhöhlenboden waren gebrochen, eine Gehirnerschütterung und schmerzhafte Prellungen kamen hinzu, sein Körper wies Schürfwunden auf.

"Die Hardhöhe hält zusammen"

Tagelang habe er nur Flüssignahrung zu sich nehmen können, einen Monat habe es gedauert, bis er wieder essen konnte, schildert er. Die Knochen im Mund-Kiefer-Bereich seien zwar verheilt, doch sein Gesicht habe sich verändert, und bis heute werde ihm mulmig, wenn er in der Nähe der Hardhöhe unterwegs sei, ein Gefühl, das er auszublenden suche. Als ihm einer der Angeklagten 2000 Euro Schmerzensgeld anbietet, lehnt er ab. "Ich nehme es zur Kenntnis. Lass stecken", sagt er.

Die Anklage wirft zwei Männern versuchten Totschlag vor, die anderen müssen sich wegen gefährlicher Körperverletzung verantworten. Der fünfte und der sechste Angeklagte beteuern ihre Unschuld, die Staatsanwaltschaft hält dagegen: Wer dabei steht und sich vor den Gegnern positioniert, der will auch die Stärke der eigenen Gruppe demonstrieren: Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung lautete der Vorwurf.

Was auffällt: Einige der Angeklagten gestehen, doch über ihre mutmaßlichen Komplizen verlieren sie kein Wort. Zwei der jungen Männer sitzen seit der Prügelei in U-Haft, ein Anwohner hatte die Polizei gerufen. Bei der Briefkontrolle fielen Appelle nach dem Motto "die Hardhöhe hält zusammen" und "man hängt keinen Kumpel hin", auf. Der Prozess geht weiter.